Rezension Mercado

Wer erinnert sich noch an die Zeit vor der Euro-Umstellung? Als alle Staaten der Europäischen Gemeinschaft noch ihre eigene Währung hatten? War man im Urlaub in mehreren Ländern unterwegs, konnte es schon passieren, dass es etwas länger dauerte, bis man aus der Geldbörse die richtigen Lire für das Gelato, die passenden Francs für den Pastis oder die Pennies für die Fish & Chips gekramt hatte.

Genau dieses Gefühl lebt mit dem neuesten Kosmos-Spiel wieder auf. Um nämlich die schönen Dinge auf dem Kunstmarkt erstehen zu können, welche schlussendlich unser Ansehen unter den Bürgern steigern, benötigen wir die passenden Münzen. Doch leider ist in unseren Beutel auch etwas Falschgeld geraten, welches sich uns bei unseren Einkäufen als wenig hilfreich erweist.

Im Münzbeutel jedes Spielers befinden sich anfangs je 5 Münzen in Gold, Silber, Bronze und Türkis, dazu bedauerlicherweise noch 5 schwarze Münzen, welche Falschgeld darstellen. Damit machen wir uns auf den Weg zum Markt, um wertvolle Antiquitäten, wie einen goldenen Pokal, einen reichlich verzierten Zinnbecher, altes Silberbesteck oder einen der betörenden Düfte in den aufwändigen Flacons zu ergattern.

Acht Marktstände sind auf dem Platz aufgebaut. Vier davon preisen wertvolle Gegenstände an, an zwei weiteren Ständen werden besondere Düfte feilgeboten, die beiden restlichen Marktstände sind für den Marktaufseher und die Münzwechslerin reserviert. Die entsprechenden Tafeln geben genau an, welche Münzen der Verkäufer dafür von uns haben will. Die meisten verlangen ganz bestimmte Münzen für ihre Ware, zum Beispiel 2 goldene und 2 türkise Münzen für das edle Tuch. Andere Händler sind da weniger wählerisch, sie wollen bloß die Kosten je nach Tafel entweder in (2 bis 4) gleichen Münzen oder in (3) verschiedenfarbigen Münzen entrichtet sehen.

Wenn wir an der Reihe sind, ziehen wir blind 3 Münzen aus dem Beutel. Falschgeld wird gleich zur Seite – auf unsere Spielertafel – gelegt, die anderen können wir den Objekten unserer Begierde – quasi als Anzahlung – zuordnen, indem wir sie an jene Kante der Markttafeln anlegen, die uns zugewandt ist.

Konnten wir auf diese Weise alle für einen Gegenstand geforderten Münzen “bezahlen”, erhalten wir ihn umgehend. Als Belohnung winkt neben den Ansehenspunkten, die wir auf der Zählleiste vorrücken, auch noch der eine oder andere Bonus, wie beispielsweise ein Extrazug oder eine Jokermünze, die wir in unseren Beutel legen dürfen.

Besonders begehrte Boni sind Privilegien, welche wir in Folge am Beginn unseres Zuges einsetzen dürfen, um unseren Zählstein – je nach Privileg – 1 bis 3 Felder weiter vorzurücken, sowie Siegel, die wir abgeben können, um 2 zusätzliche Münzen aus unserem Beutel zu ziehen. Solch ein praktisches Siegel bekommen wir übrigens auch dann, wenn wir bei einem Stand trotz der zweitgrößten Anzahlung leer ausgegangen sind.

Auf der Zählleiste des Spielplans sind auch ein paar Sonderfelder abgebildet, welche uns bei genauem Erreichen entweder positive (Bonusfelder, Jokermünzen, u. ä.) oder negative Auswirkungen (zusätzliches Falschgeld) bringen. Erreichen oder überschreiten wir mit unserem Zählstein als Erste das Start-Zielplättchen, wird nur mehr die laufende Runde zu Ende gespielt. Abschließend gibt es noch je 1 Punkt für nicht verrauchte Siegel, als auch die aufgedruckten Punkte für nicht eingesetzte Privilegien. Mit den meisten Ansehenspunkten ist uns der Respekt (und auch Neid) aller Mitbürgern gewiss.

“Mercado” hat einen relativ einfachen Spielablauf, die Grundregeln sind dementsprechend schnell erklärt. 3 Münzen aus dem Beutel zu ziehen und dann nach eigenem Gutdünken den Marktständen zuzuteilen, dies benötigt kein stundenlanges Regelstudium.

Dennoch ist das Spiel keineswegs banal. Schließlich kommt es ja darauf an, WO man seine Münzen platzieren soll. Natürlich versucht man mit seinen Aktionen, noch vor seiner Konkurrenten die gewünschten Objekte auch wirklich zu bekommen, um von deren Ansehenspunkten und Boni profitieren zu können. Und wenn dies schon nicht klappt, sollte man zumindest anstreben, die zweitmeisten Münzen an einem Stand vorzuweisen, um eines der begehrten Siegel zu erhalten, was den erlittenen Zugverlust etwas ausgleicht.

Auch die Felder der Zählleiste sollten in die taktischen Überlegungen einbezogen werden, um deren Vorteile nutzen bzw. derer Nachteile vermeiden zu können. In diesem Zusammenhang erweisen sich die Privilegien als äußerst hilfreich. Auch wenn pro Zug bloß 1 Privileg genutzt werden darf, erlaubt ihre flexible Einsetzbarkeit, sich besser auf die Zählleiste einzustellen. Insgesamt bietet “Mercado” somit eine gefällige Balance aus einfachem Mechanismus und einer doch recht großen Vielzahl an Möglichkeiten, bei der einige Variablen berücksichtigt werden wollen.

Der Inhalt des Beutels kann ja durch verschiedene Effekte verändert werden. So kann Falschgeld entfernet und Jokermünzen hinzugefügt werden, beides erhöht die Chancen, in Folge passende Münzen zu ziehen. Man kann aber auch – vor allem durch die Aktionen der “lieben” Mitspieler – neue Falschgeldmünzen erhalten. Dies erinnert dann ein wenig an “Bagbuilding”, wenn auch in ziemlich moderater Form. Da die Münzen höchstens einmal in den Beutel zurückgeleert werden, ist dies jedenfalls kein vorherrschendes Spielelement.

Der Glücksfaktor ist hingegen doch recht hoch. Man braucht Glück, um zum richtigen Zeitpunkt die passenden Münzen zu ziehen. Wer wenig oder gar kein Falschgeld aus dem Beutel fischt, ist sogar doppelt gut dran. Er kann früher die “guten” Münzen zurück in den Beutel geben und verliert so weniger Aktionen durch das lästige Falschgeld.

Taktik ist trotzdem noch ausreichend vorhanden. Aufgrund der offenen Informationen, welche Münzen jeder bereits eingesetzt oder vor Marktständen liegen hat, besteht sie vor allem in der Chanceneinschätzung und der Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeiten, bestimmte Objekte erwerben zu können.

Nicht nur die ausgesprochen schöne Illustration des Schachtelcovers gefällt mir, das gesamte Material macht einen sehr guten Eindruck. Stabile Plättchen und Tafeln, ein beidseitig bedruckter Spielplan, Holzmünzen, das Ganze mit attraktiver graphischer Gestaltung (wertvolle Antiquitäten und originelle Flacons) und klarer Symbolik. Lobend hervorheben möchte ich die Beutelanhänger, mit denen jeder Spieler leicht den Beutel seiner Farbe erkennt.

“Mercado” eignet sich meiner Ansicht nach perfekt im Familienspielbereich, sowohl was die taktischen Anforderungen betrifft, als auch die Spieldauer. Außer mit notorischen Grüblern, die aber jedes Spiel unnötig in die Länge ziehen können, ist “Mercado” in knapp unter einer halben Stunde zu spielen, zu zweit sogar deutlich darunter. Dies spricht dann doch für eine klare Empfehlung.

Bewertung:

Rezension Crown of Emara

Die uralte Geschichte: Der alte König will abdanken und sucht daher einen geeigneten Nachfolger. Normalerweise resultiert dies in heftigen Thronstreitigkeiten der potentiellen Kandidaten, die nicht selten auch blutig auf dem Schlachtfeld ausgetragen werden. So wie Millionen Zuseher dies etwa von der Kultserie “Game of Thrones” kennen.

Nicht so im kleinen Königreich Emara. Nachfolger soll hier nämlich jener Bewerber werden, der die meisten in die Hauptstadt zuwandernden Bürger von sich überzeugen kann Dazu versuchen sie einerseits, neue Bürger anzulocken, diesen andererseits aber auch ein Dach über den Kopf zu verschaffen. Wer dies am besten bewerkstelligt, kann sich die “Krone von Emara” aufsetzen.

Wo sich dieses sagenhafte Königreich befindet, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Aber zumindest weiß ich, dass es ein ertragsreiches Hinterland sowie eine größere Metropole – die erwähnte Hauptstadt – geben muss. Die beiden Spielpläne “Stadt” und “Land” werden aus jeweils 4 Orten in zufälliger Anordnung zusammengefügt. Am Land sind es die Orte Wald, Acker, Steinbruch und Weberei, auf welche die entsprechenden Rohstoffe Holz, Getreide, Stein und Tuch gelegt werden. In die vier Orte der Stadt (Burg, Kirche, Markt und Baustelle) kommen jeweils 2 Beraterkarten, sowie das restliche Spielmaterial (Bücher, Siegelringe, Goldmünzen, etc.) auf die dafür vorgesehenen Felder. Eine zufällig gezogene Ereigniskarte gibt an, auf welche Felder von Stadt und Land jeder Thronaspirant seine beiden Ratsmitglieder stellt.

Das Spiel verläuft über 6 Runden, in denen jeweils zu Beginn eine Ereigniskarte gezogen wird. Das darauf angegebene Ereignis kann entweder sofort oder erst am Rundenende eintreten. Danach führen die Spieler reihum 3 Spielzüge aus, in denen sie eine Aktionskarte aus der Hand ausspielen und anschließend 1 Kartenaktion, 1 Bewegungsaktion und gegebenenfalls Zusatzaktionen ausführen.

Das Ausspielen einer Aktionskarte ist der Motor des Spiels. Dabei spielen gleich 2 Faktoren eine Rolle: Die Karte selbst, welche eine Kartenaktion auslöst, sowie der Ablageplatz, auf den die Karte abgelegt wird, welcher wiederum eine Bewegungsaktion auslöst.

Die meisten der 9 unterschiedlichen Kartenaktionen bestehen darin, einen bestimmten Rohstoff zu nehmen. Die anderen erlauben den Tausch von Rohstoffen in Goldmünzen, das Ausführen einer Bewegungsaktion (im Wert 1), einer beliebigen Ortsaktion in der Stadt oder einer (vergünstigten) Zusatzaktion.

Bei der Bewegungsaktion entscheidet der Ablageplatz, wie viele Felder (1, 2 oder 3) der Spieler eines seiner beiden Ratsmitglieder im Uhrzeigersinn ziehen muss. Jeder der 3 Ablageplätze muss dabei einmal belegt werden, bevor wieder alle drei zur Verfügung stehen. Mit der entsprechend gezogenen Figur kann der Spieler anschließend die Aktion(en) des soeben erreichten Ortes ausführen.

In den Orten am Land erhält der Spieler einen entsprechenden Rohstoff (Tuch, Getreide, Stein oder Holz). Die Aktionen der Orte in der Stadt sind etwas komplexer, benötigen aber stets bestimmte Rohstoffe. So kann man in der Kirche Rohstoffe spenden, um sowohl 1 Buch als auch 1 Gunstplättchen zu erhalten. Auch in der Burg kann man Rohstoffe loswerden, und zwar als “Geschenk” für den Monarchen, der als Dank 1 Siegelring überreicht. Auch kann man dort 1 Buch abgeben, um 5 Baupunkte zu erhalten.

Am Markt kann man 1 beliebigen Rohstoff gegen 1 Goldmünze verkaufen, zusätzlich darf man dort Bücher gegen Bürgerpunkte eintauschen. Auf der Baustelle hat ein Spieler gleich 3 Aktionsmöglichkeiten, bei denen er vornehmlich Bau- und Bürgerpunkte gegen die Abgabe von Stein, Holz oder Brot bekommt.

Zusätzlich darf ein Spieler jederzeit in seinem Spielzug folgende Zusatzaktionen je 1 x ausführen, solange er die Kosten dafür bezahlen kann: Adelstitel erhöhen (gegen Goldmünzen und Siegelringe), um Bürgerpunkte zu erhalten; Handwerker einstellen (gegen Rohstoffe), um am entsprechenden Ort am Land mehr Rohstoffe und/oder Brote zu lukrieren; Berater anwerben (gegen Rohstoffe), um dessen Fähigkeit (einmaliger oder dauerhafter Effekt) zu nutzen. Für die beiden Letzteren Zusatzaktionen muss sich das Ratsmitglied jedoch am passenden Ort befinden.

Ziel aller Aktionen ist es, möglichst viele Häuser zu bauen und möglichst viele Bürger anzulocken. Mit den – auf oben beschriebene Weise erhaltenen – Baupunkten rückt der Spieler seinen Häuser-Marker auf der Punkteleiste vorwärts, mit Bürgerpunkten wiederum seinen Bürger-Marker. Nach der sechsten Runde – nachdem der Stapel der 9 Aktionskarten zum 2. Mal durchgespielt wurde – zählt für jeden Spieler einzig und allein der jeweils niedrigere der beiden Werte. Wer damit auf die höchste Punktezahl kommt, gewinnt den Wettstreit um die Krone.

Spiele, bei denen Rohstoffen gesammelt, geerntet oder sonst irgendwie erworben werden, um sie anschließend auf die eine oder andere Weise in Siegpunkte umzuwandeln oder zu tauschen, dies hatten wir in der Vergangenheit bereits zur Genüge. Als Vielspieler ist man dem schon ein wenig überdrüssig. Was also sollte einen erfahrenen Spieler nun dazu bringen, sich mit “Crown of Emara” einzulassen, bei dem man genau dieses zu tun hat?

Na ja, es sind doch ein paar Besonderheiten, welche das Spiel ein bisschen aus der Masse der üblichen Ressourcenmanagement-Spiele hervorheben. Da gibt es mal eine exakte Trennung von Produktions- und Verbrauchsstätte. Während man auf dem Spielplan “Land” Rohstoffe erhält, gibt man diese auf dem Spielplan “Stadt” aus. Dazu hat jeder Spieler auf beiden Plänen je 1 Ratsmitglied, welches er zu diesem Zwecke möglichst geschickt zu bewegen und einzusetzen trachtet.

Auch die gefinkelte Verknüpfung von Karten- und Bewegungsaktion weiß zu gefallen. Da man in jeder Runde 3 zufällige Aktionskarten erhält, gilt es die 3 folgenden Spielzüge vorausschauend zu planen und geschickt einzuteilen, sowohl was die Reihenfolge der aktuellen Aktionskarten anbelangt, als auch deren Einsatzort auf den drei Ablageplätzen. Es kommt darauf an, genau im Auge zu haben, wo die Ratsmitglieder landen, um dort auch die beabsichtigten Ortsaktionen durchführen zu können.

Das Wichtigste aber ist, die richtige Balance zwischen Häuser- und Bürgerpunkten zu finden. Während die Bürgerfigur stets auf dem Feld “0” startet, verfügt jeder Spieler bereits zu Beginn über ein paar (leer stehende?) Häuser. Eine Ereigniskarte legt für jede Partie ein anderes Startfeld für die Häuser der Spieler fest, zwischen 20 und 40 Punkten. Während der Partie versuchen die Spieler, beide Marker vorwärtszubewegen, aber dermaßen, dass sie schlussendlich mit möglichst geringem Abstand zueinander möglichst weit vorne stehen. Wer nur einen der beiden Marker forciert, während der andere weit zurückliegt, wird bei solch suboptimaler Spielweise kaum Chancen auf den Sieg haben, weil er Aktionen vergeudet.

Es gibt unterschiedliche Wege, wie man dabei vorgehen kann. Man kann sich etwa auf bestimmte Rohstoffe konzentrieren. So kann man mit ausreichend Nachschub an Stein und/oder Holz vermehrt die Baustelle aufsuchen. Oder man verlegt sich auf Spenden in der Kirche, um mit den so erhaltenen Büchern ordentlich Bürger- und Baupunkte zu generieren. Auch das Streben nach Adelstiteln (durch Geschenke in der Burg im Zusammenspiel mit Goldmünzen) kann lukrativ sein. Welche Strategie man auch immer wählt, ist es vorteilhaft, sich dazu die Unterstützung passender Berater zu sichern, und nie das Ziel einer ausgeglichenen Wertung aus den Augen zu verlieren.

Dies alles erfordert neben langfristigen, strategischen Entscheidungen auch kurzfristige Überlegungen. So müssen neben der aktuellen Kartenhand auch die Ereignisse der Runde und die zur Verfügung stehenden Berater in Betracht gezogen werden. Besonders gegen Schluss hin muss man die Bürger- und Häuserpunkte noch gut austarieren, um möglichst eine Punktlandung der beiden Figuren zu machen.

Ja, es steckt mehr in “Crown of Emara”, als man anfangs vermutet hätte. Ich selbst hielt das Spiel zu Beginn noch ein typisches, etwas langweiliges, normales “Ich-sammle-da-Rohstoffe-und-setze-sie-dort-ein”-Spiel. Erst nach ein paar Partien entdeckt man die Feinheiten, die taktischen Finessen, und schon steigt der Wiederspielreiz in ungeahnte Höhen. Für noch mehr Abwechslung hat der Autor noch ein paar Varianten, sowie eine gut funktionierende Solo-Kampagne beigefügt.

Da auch die Ausstattung überzeugt, sowohl was die materielle Qualität als auch die grafische Gestaltung anbelangt, komme ich nicht umhin, “Crown of Emara” eine unbedingte Empfehlung auszusprechen. Für ein absolutes Top-Spiel fehlt dann aber doch vielleicht noch das gewisse Extra…

Bewertung:

Rezension Die Tavernen im Tiefen Thal

“Wer nichts wird, wird Wirt!”
Wie wahr! Ich weiß, wovon ich spreche, habe ich doch seit nunmehr 33 Jahren nichts anderes geschafft als dieses Beruf. Wie leicht dies geht, wie wenig Qualifikation man dafür braucht, davon kannst du dich nun selbst überzeugen. Im Spiel “Die Tavernen im tiefen Thal” musst du bloß ein bisschen Personal einstellen, hie und da ein paar Verbesserungen vornehmen und ausreichend Bier bestellen, um zahlungskräftige Gäste anzulocken. Bevorzugt betuchte Adlige, die den Ruf deiner Gaststätte steigern.

Aller Anfang ist jedoch schwer, denn deine Taverne besteht zu Beginn gerade mal aus einer Theke und 3 Tischen. Du arbeitest auch ganz alleine, nicht umsonst heißt es, als Selbstständiger werkst du erstens selbst und zweitens ständig. Lediglich eine Aushilfskellnerin kommt ab und zu mal vorbei. Auf der Aktiva-Seite deines Unternehmens – dein Startkartendeck – stehen zudem ein Extratisch, welcher dir manchmal zur Verfügung steht, ein Bierlieferant, der dir von Zeit zu Zeit ein paar Fässer mehr ins Lager rollt, sowie sieben Stammgäste, die aber nur wenig konsumieren und daher nicht viel Umsatz bringen.

Und so schaut ein typischer Abend bei dir aus:
Zuerst füllt sich dein Lokal, indem du so lange Karten aufdeckst, bis jeder deiner Tische besetzt ist. Jede gezogene Karte wird dabei an den passenden Platz gelegt, ein Gast an einen freien Tisch, die Bierkutsche zum Lieferanteneingang, etc.

Danach kommt die Kellnerin, das heißt du würfelst mit deinen vier neutralen Würfeln, zusätzlich darfst du für jede aufgedeckte Kellnerin einen Würfel in deiner Farbe würfeln (bis maximal 3 Würfel).

Der nächste Tagesordnungspunkt ist die Aufnahme der Bestellung, was bedeutet, dass du einen der weißen Würfel wählst und vor dir ablegst (zu deinen farbigen Würfeln). Die anderen gibst du an den Wirtekollegen zu deiner Linken weiter. Dann wählst du einen der Würfel, welche du von deinem rechten Kollegen erhalten hast, usw.

Schließlich geht’s ans Servieren. Du teilst alle vorher “gedrafteten” Würfel passenden Aufgaben zu, also ausliegenden Karten (Personal, Gäste) und Plätzen deiner Gaststätte, welche übereinstimmende Augenzahlen aufweisen. Auf diese Weise nimmst du Geld von Gästen ein und erhältst Bierlieferungen.

Mit Geld kannst du dir neues Aushilfspersonal (Kellnerin, Abwäscher, Bierlieferant, u.ä.) und neue Tische leisten, du kannst aber auch Investitionen in deinem Betrieb vornehmen, beispielsweise Personal fix einstellen, einen größeren Tresor, ein geräumigeres Bierlager oder einen fixen Stammtisch. Investitionen sind zwar teurer, locken dafür aber auch Adlige an, welche sich durch die neuen Anschaffungen offenbar gleich wohler fühlen.

Bier wiederum benötigst du, um neue Gäste anzulocken, die bereit sind, auch mal etwas mehr zu konsumieren und deinen Umsatz entsprechend zu steigern. Und bist du mit Bier mal besonders spendabel, findet sich auch der eine oder andere Adlige gerne bei dir ein, was deinem Ruf sehr förderlich ist.

Irgendwann ist dann doch Sperrstunde. Du schmeißt die Gäste raus, räumst alles wieder sauber weg, sperrst übriggebliebenes Geld in den Tresor und Bier in das Bierlager, und schickst dein Personal heim.

Nach 8 Abenden wird kontrolliert, wie erfolgreich du dein Lokal geführt hast. Dabei zählen vor allem die Stammgäste, welche du anwerben konntest, und von denen besonders die Adligen. Konntest du mehr anlocken als deine Mitbewerber? Gratulation, dann hast du dich als bester Wirt der Tavernen im Tiefen Thal herausgestellt!

Du hast es sicher schon bemerkt. Bei “Die Tavernen im Tiefen Thal” kommen zwei verschiedene Spielmechanismen zum Einsatz, welche auf originelle Art und Weise miteinander verwoben sind. Zum einen findest du den seit “Dominion” bekannten und beliebten Deckbau, zum anderen einen interessanten Würfelauswahlmechanismus.

Dein Startdeck ist ja nicht sonderlich effektiv. Im Laufe des Spiels kommen aber durch Deckbau bessere Karten hinzu. Mit Münzen wirbst du mehr Personal an, stellst zusätzliche Tische auf, verbesserst deine Bierlieferungen. Mit Bier hingegen lockst du spendierfreudigere Gäste in deine Gaststätte. Alle diese neuen Karten – ob mit Geld oder Bier “bezahlt” – kommen übrigens direkt auf den Nachziehstapel, sodass sie schon ab der nächsten Runde auftauchen. Eine vernünftige Maßnahme, da sie sonst bei bloß acht Runden zu wenig oder vielleicht sogar überhaupt nicht zum Einsatz kommen. Übrigens gibt es – wie in den meisten “Deckbuilding Games” – auch hier die Möglichkeit, unbeliebte Karten aus seinem Deck zu entfernen.

Die Würfel dienen schließlich dazu, Karten zu aktivieren. Erst wenn auf einem Gast der passende Würfel liegt, wurde er erfolgreich “bedient” und spült entsprechend Geld in deine Kassa. Und nur mit Würfeln der angegebenen Würfelzahl klappt die Bierlieferung. Die Würfel werden dazu aber nicht einfach nur gewürfelt, sondern auch “gedraftet”. Das heißt, dass du dir von den zur Verfügung stehenden Würfeln immer stets einen Würfel auswählst und die anderen weiterreichst. Du musst also sehr wohl auch auf die Bierdeckel deiner Mitbewerber schielen, um zu sehen, was dir von diesen wohl bleiben könnte, damit du dich bei deiner Auswahl etwas danach richten kannst. Das Würfelglück wird durch dieses “Dice Drafting” etwas reduziert, bei gleichzeitiger Erhöhung der Interaktion.

Bier oder Geld? Diese Frage stellst du dir im Grundspiel stets. Beides ist wichtig, Geld für neues Personal, aber auch für Investitionen, um dauerhafte Vorteile zu erlangen. Und Bier natürlich für neue Gäste. Meist wirst du dich zwar danach richten, welche Würfelzahlen du kriegst, du solltest dich aber doch nach Möglichkeit auf eine Sache konzentrieren und auch deine Investitionen darauf ausrichten.

Wenn im vorigen Absatz von “Grundspiel” die Rede ist, muss ich dir noch erklären, dass Autor Wolfgang Warsch sein Werk gleich mit 5 Modulen ausgestattet hat. Modul 1 stellt sozusagen das Grundspiel dar. Meiner Erfahrung nach solltest du unbedingt mit diesem anfangen, weil das Spiel doch etwas ungewöhnliche Mechanismen aufweist. Die weiteren Module bauen aufeinander auf, bringen Schritt für Schritt mehr Varianz, aber auch mehr Komplexität, mit der du in deiner ersten Partie vielleicht überfordert wärst.

Modul 2 bringt ein zweites Getränk ins Spiel, nämlich den Schnaps. Mit ausreichend Schnaps kannst du die Aktionen trinkfester Gaukler nutzen, welche nach und nach deine Taverne aufsuchen. In Modul 3 kommt eine spezielle Rufleiste zum Einsatz, welche jede Runde eine ausgeglichene Balance zwischen Geld- und Biereinnahmen belohnt und dir zusätzliche Boni und Punkte bringt. Mit Barden kannst du deinen Ruf weiter aufbessern.

Modul 4 ändert die Startvoraussetzungen. Nun fängst du nicht immer mit den gleichen Karten an. Sieben Startkarten stehen zur Auswahl, um bereits von Beginn weg unterschiedliche Strategien verfolgen zu können. Modul 5 führt schließlich ein Gästebuch ein, in das du deine Gäste eintragen kannst. Lockst du gezielt bestimmte Gäste an, erhältst du Extrapunkte und/oder Spezialboni.

Insgesamt gefällt mir “Die Tavernen im Tiefen Thal” – gerade wegen der interessanten Kombination aus den zwei Spielmechanismen – sehr gut. Landsmann Wolfgang Warsch hat es wieder einmal geschafft, ein äußerst originelles Spiel zu präsentieren. Zwei Dinge stören mich jedoch ein wenig, weshalb ich dem Spiel nicht die Höchstnote verpassen will. Einerseits ist der Glücksanteil doch recht hoch. Die Würfel können ungünstig oder vorteilhaft fallen, und auch der Kartennachschub kann sich positiv oder negativ auf deine Aktionen auswirken.

Andererseits spielt es sich doch recht solitär. Interaktion findet eigentlich nur beim Nehmen der Gäste und bei der Würfelauswahl statt, und bei Letzterem kann es passieren, dass du manchmal gar keine richtige Wahl hast, wenn die verbliebenen Würfel die gleichen Zahlen tragen. Trotzdem: Lass dich von diesen beiden kleineren Mängeln nicht abhalten! Es lohnt sich, sein Glück mal als Wirt zu versuchen. Zumindest auf spielerische Art…

Bewertung:

Rezension Codebreaker

“Escape Room”-Spiele erfreuen sich ja nach wie vor einer großen Beliebtheit. Und wie es halt immer so ist, wenn irgendetwas sehr erfolgreich ist, wird versucht, damit auch weitere Käuferschichten anzusprechen. Bei “EXIT – Das Spiel” wurden recht bald drei Labels mit unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen geschaffen, und mit dem “Einsteiger”-Level auch auf jüngere Spieler (ab 10 Jahren) gezielt. Eine weitere Herabsetzung des Schwierigkeitsgrads wird vom Verlag wohl als nicht sinnvoll erachtet, vielleicht auch weil es für diese Altersgruppe schwierig ist, für einen ganzen “Escape Room” die Konzentration länger als 30 Minuten zu halten.

Um noch jüngere Kinder – schon ab 7 Jahren – zu erreichen, probiert es Kosmos Spiele daher auf andere Weise: In “Codebreaker” müssen die Kinder nur jeweils ein kurzes Rätsel lösen, um mit dem geknackten Code ein elektronisches Schloss öffnen zu können.

Die Rätsel kommen auf Rätsel-Karten in vier Schwierigkeitsstufen vor. Die gewählte Karte wird von oben in den Schlitz des elektronischen Schlosses gesteckt. Nachdem sich die Kinder für den Spielmodus (5-Minuten-Timer oder 20-Minuten-Chrono) entschieden haben, drücken sie den roten Startknopf, und die Zeit läuft!

In jedem Rätsel – egal ob verschlüsselte Wörter, verlorene Buchstaben, verrückte Zahlen, o. ä. – werden drei Hinweise gesucht: eine Farbe, ein Gegenstand und etwas Essbares. Finden die Kinder die gesuchten Begriffe, müssen diese noch auf den Hinweisplättchen entdeckt werden. Nur wenige Begriffe sind jedoch auf einen Blick zu erkennen, für die meisten werden die beigefügten Detektiv-Werkzeuge (UV-Taschenlampe, Rotfilter und Spiegelfolie) benötigt.

Um das Schloss öffnen zu können, müssen die Kinder nur noch die Zahlen, welche auf den passenden Hinweisplättchen angegeben sind, in das Schloss eingeben. Ist der Zahlencode falsch, verlieren sie wertvolle Sekunden. Ist er hingegen richtig, öffnet sich das Schloss, und die Kinder haben sich den Titel des Meisterdetektivs redlich verdient.

Das Spielmaterial ist wirklich gut gelungen und lädt die Kleinen sofort zum Spielen ein. Das elektronische Schloss – ein Blickfang – hat eine eingebaute Uhr, die man entweder auf “Timer” einstellen kann, bei dem ein Countdown von 5 Minuten zu laufen beginnt, innerhalb dessen die Aufgabe gelöst werden muss. Oder man stellt auf “Chrono”, bei dem einfach die benötigte Zeit (max. 20 Minuten) gestoppt wird.

Die Rätsel-Karten haben am unteren Rand, mit dem sie in den Schlitz des Schlosses geschoben werden, eine Codierung in schwarze und weiße Felder, welche zur Identifizierung des Rätsels und somit auch für die Aktivierung des entsprechenden Zahlencodes dient. Mathematisch ergibt die Einteilung in 6 Bereiche 64 Möglichkeiten, welche mit den beinhalteten Karten fast zur Gänze (30 Karten mit Vorder- und Rückseite) ausgenutzt werden.

Das sogenannte “Detektiv-Werkzeug” dient dazu, die Hinweisplättchen lesen zu können, deren Begriffe bei mehr als der Hälfte der Plättchen erst durch den Einsatz von UV-Licht, dem Rotfilter oder der Spiegelfolie erkennbar werden. Das Suchen der gelösten Begriffe kann deshalb manchmal recht zeitaufwändig und stressig sein, besonders wenn die Kinder nicht systematisch vorgehen und die Hinweisplättchen wild durcheinander untersuchen. Zum Glück helfen die farbigen Ränder der Plättchen, an denen man zumindest ablesen kann, um welche Kategorie es sich handelt (Regenbogenfarben für die Farben, Orange für einen Gegenstand und Blau für etwas Essbares).

Die Rätsel-Karten gibt es – wie bereits erwähnt – in vier Schwierigkeitsstufen: Level 1 für Detektivanfänger, Level 2 für fortgeschrittene Detektive, Level 3 für erfahrene Detektive und schließlich Level 4 für Meisterdetektive. So können sich die Kinder allmählich steigern. Bei den meisten Rätseln geht es aber um Wörter und Buchstaben, weshalb Lesekenntnisse vorausgesetzt werden. Die Altersangabe ist mit “ab 7 Jahren” daher genau richtig gewählt, wenn auch die Jüngsten ab und an etwas Hilfe von Größeren brauchen.

Die Aufgaben lassen die Kinder übrigens in 9 verschiedene Welten eintauchen: Legenden & Geschichten, Piraten, Hexen, Geister, Geheimauftrag, Labor, Ermittlungen, Pyramide und Museum. Man kann zwar von einem einzelnen, kurzen Rätsel keine großartige Geschichte erwarten, meine Erfahrung hat aber gezeigt, dass so eine thematische Einbindung – und sei sie noch so gering – bei den Kindern sehr gut ankommt.

Mit “EXIT – Das Spiel” hat “Codebreaker” eigentlich herzlich wenig zu tun, insofern könnte man das Label “EXIT – Kids” fast als Etikettenschwindel bezeichnen. Trotzdem ist es ein adäquates Mittel, um jüngere Kinder zum Tüfteln zu bringen, sie behutsam ans Codeknacken und ans Rätsellösen heranzuführen und ihnen so den Weg für spätere “Escape Room”-Spiele zu ebnen.

Mir persönlich fehlt es jedoch ein wenig an Nachhaltigkeit, denn nach dem Lösen der letzten Aufgabe ist die Luft völlig draußen, und das Spiel verstaubt im Spielregal. Mehr als insgesamt 4 bis 5 Stunden Spiel- und Knobelspaß stecken nicht in der Schachtel. Das ist schade, denn gerade das elektronische Schloss ist eine tolle Sache. Vielleicht bringt Kosmos Spiele in Folge eine Erweiterung, wobei diese ruhig eine Spur komplexer ausfallen könnte, zum Beispiel durch Abenteuer, die aus 2 bis 3 Rätseln bestehen. Das Schloss ließe sich aber auch leicht in ein richtiges EXIT-Spiel integrieren. Ich finde, die Möglichkeiten dieses attraktiven Gimmicks sollten doch genutzt werden.

Wertung:

Von Franky Bayer

Rezension Gizmos

“Gizmo” ist ein englisches Platzhalterwort, was so viel wie „Ding“, „Dingens“ oder „Dingsbums“ bedeutet, und vor allem als Bezeichnung für einen x-beliebigen „mechanischen oder elektronischen Apparat“ verwendet wird. Im Spiel “Gizmos” bauen wir mit Hilfe von farbigen Energiekugeln solche Erfindungen, um mit den cleversten Kombinationen auf der Großen  Wissenschaftsmesse den 1. Platz zu erringen.

Diese “Gizmos” gibt es im gleichnamigen Spiel in drei verschiedenen Stufen, welche auf Gizmo-Karten vorkommen. Für die einfacheren Apparate der Stufe I wird bloß eine passende Energie benötigt, Maschinen der Stufe II brauchen bereits 2 oder 3 Energie. Für Gizmos der höchsten Stufe muss man schon bis zu sieben Energie der entsprechenden Farbe aufwenden. Von den drei separat gemischten Stapeln werden 4 Karten der Stufe I, 3 Karten der Stufe II und 2 Karten der Stufe III aufgedeckt, welche zusammen eine offene Auslage bilden.

Die erwähnte Energie wird durch Energiekugeln in vier Farben dargestellt: rot für Magma, gelb für Elektro, blau für Atomius und schwarz für Dunkle Materie. Alle Kugeln werden zu Beginn in einen großen Energiespender geworfen, welcher derart beschaffen ist, dass ein paar Kugeln durch ein Loch vorne heraus rollen und so eine Energiereihe bilden.

In seinem Spielzug kann ein Spieler genau 1 Aktion durchführen, wobei ihm vier verschiedene Aktionen zur Auswahl stehen:

1. Speichern

Er nimmt eine beliebige Gizmo-Karte aus der Auslage und legt sie in sein Archiv. Das Kartenlimit im Archiv beträgt anfangs aber gerade mal 1 Karte.

2. Sammeln

Er nimmt eine Energiekugel aus der Energiereihe und legt sie in seinen persönlichen Energiering. Auch hier gibt es ein Energielimit. Zu Beginn darf er nicht mehr als 5 Energiekugeln in seinem Energiering haben.

3. Bauen

Er baut gegen Abgabe der entsprechenden Energiekugel(n) 1 Gizmo aus der offenen Auslage oder aus seinem Archiv und legt die Karte an passender Stelle – je nach Art des Gizmos – an sein Tableau an.

4. Forschen

Er zieht – je nach seinem Forschungswert (er beträgt bei Spielbeginn 3) – Karten von einem beliebigen Stapel, wählt eine Karte davon aus und darf diese dann entweder in sein Archiv legen oder – natürlich gegen die übliche “Bezahlung” – gleich direkt bauen.

Das Spiel endet am Ende jener Runde, in der mindestens ein Spieler entweder 4 Gizmos der Stufe III oder insgesamt 16 Gizmos bauen konnte. Nun zählt jeder Spieler die aufgedruckten Siegpunkte seiner Gizmos (auf jeder Karte rechts oben angegeben) zusammen. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten erweist sich als würdiger Nachfolger eines Da Vinci oder Thomas Edison.

Fassen wir kurz zusammen: Wir sammeln Energie, um damit Karten auszuspielen, welche uns schlussendlich Siegpunkte bringen.  Hmmm. Das war schon alles? Hört sich ziemlich simpel an, um nicht zu sagen: primitiv.

Dies liegt aber nur daran, dass ich zu erwähnen “vergessen” habe, dass die Karten neben einem Siegpunktwert auch einen Effekt haben. Ein Symbol in der linken oberen Ecke gibt an, um welchen Kartentyp es sich handelt, und in welchen Bereich unterhalb des Spielertableaus dieses Gizmo gelegt wird. Insgesamt treffen wir auf fünf verschiedene Typen: Upgrades, Umwandler, sowie drei sogenannte “Auslöser”, das sind Kartentypen, welche ihren Effekt dann auslösen, wenn eine bestimmte Aktion durchgeführt wird.

Bei den Upgrades unterscheiden wir zwischen “Positoren” (Gizmos, welche die Startwerte erhöhen, etwa für das Energielimit), “Negatoren” (Gizmos, welche – als Ausgleich für eine hohe Punkteausbeute – eine bestimmte Aktion verbieten), “Rabattoren” (Gizmos, welche Reduktionen beim Bau bestimmter Gizmos gewähren) und “Punktoren” (Gizmos, die am Ende der Partie zusätzliche Siegpunkte einbringen).

Umwandler können sowohl Art als auch Menge der verwendeten Energie ändern, wodurch das Bauen neuer Gizmos erleichtert wird und sogar das Energielimit umgangen werden kann. Allerdings darf jedes Gizmo nur einmal pro Zug eingesetzt werden.

Am häufigsten kommen die Auslöser vor. Je nachdem, um welchen Auslöser es sich dabei dreht, wird das Gizmo entweder in die Spalte für “Speichern”, “Sammeln” oder Bauen” eingeordnet. Sobald ein Spieler eine dieser 3 Aktionen ausführt, werden die Effekte aller in der entsprechenden Spalte seines Spielertableaus liegenden Gizmos aktiviert.

Die einfacheren Effekte erlauben es, zufällige Energiekugeln oben aus dem Energiespender zu ziehen, oder Siegpunkt-Chips zu sammeln. Als besonders interessant erweisen sich jedoch jene Effekte, welche eine weitere Aktion auslösen. Dies kann wiederum andere Gizmos aktivieren, was zu regelrechten Kettenreaktionen führen kann.

Es macht einen Großteil des Spielreizes bei “Gizmos” aus, solche Kettenreaktionen herbeizuführen, passende Kombinationen herzustellen. So spart man sich Aktionen, braucht weniger Spielzüge und kommt schneller ans Ziel. Wem es am besten gelingt, auf diese Weise reibungslos funktionierende Maschinen zu konstruieren, deren Effekte sich ergänzen bzw. verstärken, wird schlussendlich als Sieger hervorgehen.

Natürlich braucht man auch ein wenig Glück, um passende Gizmos für eine geniale Kombo zu finden, sowie taktisches Gespür, damit sie nicht von den Mitspielern vor der Nase weggeschnappt werden. Forschen kann in diesem Zusammenhang recht hilfreich sein, um an gewünschte Karten aus den verdeckten Nachziehstapeln heranzukommen, eine Garantie bietet aber auch dies nicht.

“Gizmos” spielt sich generell recht flott, da jeder Spieler in seinem Zug bloß eine (kurze) Aktion durchführt. Nur wenn jemand eine längere Kettenreaktion auslöst, kann ein Spielzug ein wenig länger dauern. Trotz der interessanten Idee und des gelungenen Spielmaterials kommt das Spiel aber eher trocken rüber, die Begeisterung hielt sich in unseren Spielrunden in Grenzen. “Ganz nett!”, war hier der Grundtenor, und so beurteile auch ich das Spiel. Apropos Spielmaterial: Eigentlich hätte es das ganze Brimborium um Murmeln als Energiekugeln und den aufwändigen Energiespender überhaupt nicht gebraucht. Im Grunde hätte es ein separater Kartenstapel für die vier Energien genauso getan, und alles hätte in einer viel kleineren, kompakteren Schachtel Platz gefunden. In der vorliegenden Form ist “Gizmos” aber zugegebenermaßen wesentlich attraktiver, das Hantieren mit den Murmeln und der geniale Energiespender – ein richtiger Hingucker – sorgen für haptisches Vergnügen, sowie für ein gewisses Alleinstellungsmerkmal, weshalb ich noch einen Extrapunkt vergebe.

Wertung:

Von Franky Bayer

Rezension Liftoff

Mit dem Begriff “Liftoff” kann Otto Normalverbraucher hierzulande nicht viel anfangen, darum hier die Aufklärung: Es bezeichnet das vertikale Abheben eines Raumschiffs, einer Rakete oder eines Helikopters, und ist die logische Fortsetzung der Zahlenreihe “five – four- three- two – one”. All dies führt uns direkt in die 50er- und 60er-Jahre, als sich die Amerikaner und die Russen einen erbitterten Wettstreit um die Vormachtstellung im All lieferten.

Im gleichnamigen Spiel übernehmen die Spieler die Rolle einer privaten Raumfahrtagentur, welche durch Anheuern von Spezialisten, Verbesserung ihrer Raketen und der Entwicklung ihrer Fähigkeiten versucht, möglichst viele Missionen ins All zu bringen, um am Ende als Sieger des Rennens zu den Sternen hervorzugehen.

Die Ausgangssituation ist allerdings nicht sehr vielversprechend. Jeder Spieler verfügt über ein bescheidenes Labor mit einer Abschussrampe, eine Standardrakete und ein Startkapital von 10 Geld (in 100.000ern). Das Entwicklungstableau weist 3 Leisten auf, welche anfangs folgende Werte offenbaren: Das reguläres Einkommen pro Runde beträgt 5 Geld, die Kosten pro Raketenstart ebenfalls 5 Geld, und jede Rakete kann höchstens 1 Tonne an Gewicht transportieren.

Eines ist klar: Das alles ist viel zu wenig, um erfolgreiche Missionen ins All starten zu können. Ohne die Hilfe von Spezialisten lässt sich da nichts machen. In der ersten Phase jeder Runde bekommen die Spieler Spezialistenkarten auf die Hand, draften diese in 2 Durchgängen und spielen anschließend 2 von diesen nacheinander aus.

Jede Spezialistenkarte hat eine Schärpe, welche entweder einen Sofortbonus (Geld bzw. Siegpunkte) oder einen Vorteil in der 2. Phase bringt, sowie einen Aktionskasten, den er nutzen kann. In den meisten Fällen kann man damit – gegen Bezahlung der angegebenen Kosten – die Fähigkeiten seines Unternehmens verbessern, also Upgrades für seine Raketen (zusätzlicher Laderaum oder Antrieb), Technikkarten (Treibstoff, Power, Sauerstoff-Versorgung, Bio-Versorgung) oder eine Aufwertung des eigenen Labors erwerben . Alternativ kann man auf alle Aktionen verzichten, um 2 Geld zu kassieren.

Die 2. Phase jeder Runde widmet sich den Missionen. Zuerst darf sich jeder 3 Karten von einem verfügbaren Missions-Stapel ziehen und eine davon behalten, die er unterhalb seiner Rakete als “geplante Mission” auslegt. Danach darf er Missionen starten, indem er sie mit Hilfe seiner Rakete von der Erde ins All befördert, also oberhalb seiner Rakete schiebt. Dafür bekommt er sofort Siegpunkte, und zwar für den Start selbst (abhängig vom Level seines Labors), sowie fürs Aktivieren der Mission (wie auf der Karte angegeben). Die meisten Missionen bringen außerdem noch bestimmte Effekte, wie Technikkarten, Upgrades, u. ä.

Allerdings sind für jeden Start ein paar Voraussetzungen zu überprüfen. So muss man über genug Geld verfügen, um die Kosten bezahlen zu können, über ausreichend Kapazität, um das Gewicht der beabsichtigten Mission(en) unterzubringen. Das Level des eigenen Labors muss mindestens jenem der fortschrittlichsten Mission entsprechen, und schließlich muss man seine Technik so weit verbessert haben, um eine geplante Mission auch tatsächlich starten zu dürfen.

Nachdem der Stapel mit den Spezialistenkarten das erste Mal durchgespielt wurde, kommen neue, bessere Missionskarten ins Spiel. Nach dem zweiten Durchlauf endet dann das Spiel. Nun erhalten die Spieler noch Siegpunkte für bestimmte (mit einer Sanduhr gekennzeichnete) Missionen, für jene Spielendekarten, welche zu Spielbeginn gedraftet wurden, sowie für übriges Geld und grüne Technikkarten. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat seine Raumfahrtagentur am erfolgreichsten geführt.

Spieleautor Jeroen Vandersteen arbeitet – laut Schachtelinformation – bei der ESA (European Space Agency). Meiner Erfahrung nach ist allzu viel Fachwissen und Fanatismus nicht gerade förderlich und bringt in den meisten Fällen zwar realistische Simulationen hervor, deren spielerischer Gehalt allerdings weit hinten nachhinkt. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an ein anderes Spiel mit demselben Titel (“Liftoff!” von Task Force Games 1989), bei dem äußerst detailliert jede einzelne Phase eines Mondflugs nachgespielt (bzw. nachgewürfelt) wurde, was zwar fachlich sehr lehrreich war, sich jedoch spielerisch aber ziemlich öde herausgestellt hat.

Im vorliegenden Fall sind diese Bedenken hingegen unbegründet. Wir haben es mit einem Spiel zu tun, welches interessante, gut miteinander verbundene Spielmechanismen verwendet und das Thema Raumfahrt im richtigen Maße abstrahiert. Man merkt, dass der Autor in erster Linie um ein gutes Spiel bemüht ist, und nicht um möglichst getreue Realitätsnähe.

Den Hauptmechanismus stellt das sogenannte “Card Drafting” dar, bei dem sich die Spieler von den ausgeteilten Karten eine Karte behalten dürfen und den Rest weitergeben. Im Falle von “Liftoff” wurde dies aber dahingehend abgeändert und vereinfacht, dass es erstens stets bloß 3 Karten sind, die gedraftet werden, womit es lediglich zu 2 Weitergaben kommt. Zweitens darf immer aus allen 3 Handkarten gewählt werden, womit es sogar erlaubt ist, beim 2. Draft eine Karte weiterzugeben, die man sich zuvor behalten hat.

Suboptimal für Spielneulinge ist jedoch, dass noch vor dem eigentlichen Spielbeginn Spielendekarten gedraftet werden. Diese Karten bringen erst am Ende des Spiels Punkte, abhängig davon, wie gut ihre Bedingungen erfüllt werden konnten. Wer das Spiel noch nicht kennt, steht anfangs etwas ratlos da, weil er noch nicht richtig abschätzen kann, wie sich das Spiel entwickeln könnte, wie schwer die einzelnen Bedingungen zu erfüllen sind, etc. Aber schon nach der ersten Partie stellt diese anfängliche Draft-Phase kein Problem mehr dar.

Das Herzstück des Spiels sind jedoch eindeutig die Spezialisten. Dies sind alles Personen, die den Spielern bei ihrer Aufgabe helfen können: Politiker, Forschungsleiterin, Triebswerks-Ingenieurin, Verrückter Professor, Externer Berater, Missionsspezialist, etc. Während eine blaue Schärpe auf einer Spezialistenkarte einen sofortigen Bonus (Geld oder Siegpunkte) bringt, wirken sich die Effekte auf gelben Schärpen erst später in der Missionsphase aus. So kann man einen zusätzlichen, sogar verbilligten Raketenstart erhalten, seine Nutzlast kurzfristig um 1 oder 2 Tonnen erhöhen, oder eine zusätzliche Missionskarte sowohl ziehen als auch behalten.

Besonders knifflig aufgrund des permanenten Geldmangels ist die Entscheidung, ob man anschließend eine oder – sofern vorhanden – zwei Aktionen der Spezialisten nutzt, wofür man jedoch meistens Geld ausgeben muss, oder lieber beide Aktionen ungenutzt lässt, um eine kleine Finanzspritze von 2 Geld zu erhalten. Hier kommt es darauf an, von Anfang an einen Plan zu verfolgen und die richtigen Spezialisten dafür zu sammeln. Unpassende Spezialisten kann man entweder für die nächste Runde aufheben, um sie beim Draften weiterzureichen, oder aber auf die unnützen Aktionen für 2 Geld verzichten.

Natürlich ist beim Draften ein nicht zu verleugnender Glücksanteil vorhanden. Wenn man unbedingt eine bestimmte Aktion benötigt, diese aber partout nicht auftaucht (wegen Kartenpechs und/oder missgünstiger Mitspieler), kann dies schon ärgerlich sein. Ich finde diesen Zufallsfaktor – auch als oftmals Betroffener – aber gerade noch akzeptabel, da man sich ja auch frühzeitig darauf einstellen kann, indem man auf die Optionen der Mitspieler achtet, vorausschauend plant, nicht alles am letzten Drücker machen will, und ansonsten flexibel reagiert.

Die Missionen sind der wichtigste Punktelieferant. Neben Punkten bringen die meisten Missionen aber noch eine weitere Belohnung: Gratis-Upgrades, Technikkarten, Fortschritt auf der Einkommensleiste, und ähnliches. Bei schwierigeren Missionen benötigt man zwar ein besseres Labor, einen größeren Laderaum sowie deutlich mehr Technikkarten, dafür können diese aber bei Spielende noch vermehrt Siegpunkte bringen. Bei einigen Missionen fällt dabei nicht nur die Beschränkung auf 1 Karte pro Spieler weg, sie sorgen sogar für eine größere Punkteausbeute, wenn man sie mehrfach ins All befördern kann.

Trotz der großen Bedeutung von erfolgreichen Missionen ist es auch möglich, mit weniger Missionen zu gewinnen. Vor allem mit dem Ausbau der gemeinsamen Raumstation, eine kostenintensive Alternative, welche einige Spezialisten anbieten, lassen sich viele Siegpunkte lukrieren. Wie immer man seine Strategie aber anlegt, sollte man unbedingt die anfangs gedrafteten Spielendekarten mit einbeziehen.

Noch ein paar Worte zum Spielmaterial: Spielplan, alle Kartonteile, Karten und die zur Markierung verwendeten Holzraketen sind in von “Hans im Glück” gewohnt guter Qualität. Grafisch ist alles im Retro-Look der späten Sechziger-Jahre gehalten und wirkt deshalb ein wenig altmodisch. Mir gefällt’s aber recht gut, und auch die Symbolik ist meiner Meinung nach gelungen.

Alles in allem bin ich gerne wieder mit von der Partie, wenn es heißt: “Auf ins All!”

Wertung:

Von Franky Bayer

Rezension Azul – Die Buntglas- fenster von Sintra

“Azul” hat letztes Jahr so ziemlich jeden Preis abgeräumt: “Spiel des Jahres”, “Deutscher Spielepreis”, sowie noch weitere renommierte Auszeichnungen in anderen Ländern Europas. Ja, sogar der “Knobelpreis” für das nach Meinung der “Ritter der Knobelrunde” beste taktische Spiel des Jahres 2018 ging an “Azul”.

Bei so viel Erfolg erwartet sich das Publikum automatisch Nachschub, dem jeder Verlag selbstverständlich – schon aus rein wirtschaftlichen Gründen – gerne nachkommt. Autor Michael Kiesling hat sich aber nicht darauf beschränken lassen, bloß – wie sonst üblich – das Spielsystem mit zusätzlichen Fliesenfarben, neuen Aufgaben in Form von anders gestalteten Wänden, o. ä. zu erweitern. Er bringt mit “Azul – Die Buntglasfenster von Sintra” ein vollkommen eigenständiges Spiel heraus, das sich lediglich des Grundmechanismus des Originals bei der Auswahl der Spielsteine bedient.

Wie der Untertitel bereits verrät, widmen wir uns hier nicht dem Fliesenlegen, sondern betätigen uns als Glaser, um dem allen Anschein nach äußerst anspruchsvollen Monarchen König Manuel I. von Portugal nach der Fertigstellung seines Palastes in Evora den nächsten Prunkbau kunstvoll auszuschmücken. Diesmal sollen wir die Fenster seines Palasts in Sintra farbenfroh verzieren.

Jeder von uns hat seinen eigenen Palastteil, dessen Fenster mit bunt schimmernden Glassteinen gefüllt werden sollen. Für die acht senkrechten Streifen (zufällig ausgelegt) sind je fünf Glassteine vorgesehen, welche jeweils eine von fünf Farben aufweisen: Durchsichtig, gelb, orangefarben, rot oder blau. Dabei besteht – bis auf eine Ausnahme – jeder Streifen lediglich aus einer einzigen Farbe oder einer Kombination aus zwei verschiedenen Farben.

Das benötigte Baumaterial – die Glassteine – bekommen wir direkt aus der Fabrik. Auf jedes Manufakturplättchen werden – zufällig aus einem Stoffbeutel gezogen – 4 Glassteine gelegt. Den Spielablauf kennen wir weitgehend schon aus unserem früheren Job als Fliesenleger. Sind wir an der Reihe, führen wir nacheinander die folgenden 3 Schritte durch:

1. Wir nehmen alle Glassteine einer Farbe, entweder von einem Manufakturplättchen unserer Wahl (in diesem Fall schieben wir die restlichen Glassteine in die Tischmitte), oder aus der Tischmitte. Sind wir bei Letzterem die ersten in dieser Runde, erhalten wir den Startspielermarker, müssen dafür aber unseren Marker auf der “Bruchglasleiste” nach unten schieben.

2. Wir legen die Glassteine auf einen Streifen. Dabei dürfen wir die Glassteine nur auf farblich passende Felder eines einzigen Streifens platzieren, über dem sich unsere Glaserfigur befindet. Der Glaser darf vor dem Legen zu eine Streifen gezogen werden, allerdings nur zu einem Streifen, der sich rechts von ihm befindet. Konnten wir nicht alle genommenen Glassteine unterbringen, kommt der Rest als Bruchglas in den Glasturm, was allerdings unseren Marker auf der Bruchglasleiste wieder entsprechend viele Felder nach unten rutschen lässt.

3. Wir überprüfen, ob der Streifen vollständig ist. Ist dies der Fall, räumen wir zuerst die Glassteine ab. 1 Stein wird auf eines der beiden Palastfenster unterhalb des Streifens gelegt, der Rest kommt in den Glasturm. Danach wird der Streifen umgedreht oder ganz aus dem Spiel entfernt, je nachdem ob er bereits gewertet wurde oder nicht.

Danach erhalten wir dafür Punkte. Neben einem fixen Punktewert, der auf dem entsprechenden Palastteil aufgedruckt ist, gibt es noch Extrapunkte, und zwar 1 Punkt für jeden Glasstein, der mit der für diese Runde zugelosten Bonusfarbe übereinstimmt, sowie für alle Palastteile rechts vom gewerteten Fenster, welche ebenfalls Glassteine beinhalten.

Wurden alle Glassteine von den Manufakturplättchen und der Tischmitte geleert, endet die Runde. Alle Manufakturplättchen werden wieder vom Stoffbeutel bestückt, und die nächste Runde beginnt mit dem neuen Startspieler. Nach der 6. Runde endet das Spiel.

In einer Schlusswertung bekommen wir noch ein paar Punkte für verbliebene Glassteine, Punkteabzüge für unsere Position auf der Bruchglasleiste, sowie Bonuspunkte für belegte Palastfenster. Haben wir nun die meisten Punkte auf der Zählleiste, haben wir uns als wahre Meister des gläsernen Mediums und des Lichts erwiesen und nebenbei auch das Spiel gewonnen.

Beim Spielmaterial braucht “Azul – Die Buntglasfenster von Sintra” keinen Vergleich mit dem “Spiel des Jahres 2018” zu scheuen. Statt der Keramik-ähnlichen Spielsteine finden wir nun durchsichtige Spielsteine, welche ein wenig wie quadratische Zuckerl aussehen und die farbigen Verzierungen in den Glasfenstern darstellen. Der Stoffbeutel, aus dem sie gezogen werden, ist hier in rosa gehalten. Der Wertungsplan ist meiner Meinung nach ein bisschen dünn ausgefallen, dafür fällt der praktische Glasturm, in den das Bruchglas wandert, positiv auf.

Der größte Unterschied zu “Azul” liegt in den Spielertableaus, welche modular für jeden Spieler aus 8 Streifen individuell zusammengesetzt werden. Damit gibt es bereits zu Beginn unterschiedliche Voraussetzungen für jeden Spieler. Allerdings muss der eine Streifen jedes Spielers, auf dem 2 graue Jokerfelder abgebildet sind, auf jeden Fall anfangs auf die Rückseite gewendet werden.

Dies sorgt dafür, dass die Spieler von Anfang an verschiedene Präferenzen haben. Für den einen wären beispielsweise 5 weiße Steine ideal, der andere bräuchte eher 2 oder 3 rote Steine, ein Dritter hätte zwar auch gerne weiße Steine, benötigt davon aber nicht mehr als 2. Diese unterschiedliche Ausgangslage sorgt dafür, dass es noch wichtiger als im Grundspiel ist, die Optionen der Mitspieler zu berücksichtigen, zu beachten, was sie brauchen und was nicht.

Besonders interessant finde ich den Glaser. Will man Steine nehmen und einsetzen, darf man sie ja nur auf einen Streifen mit passenden freien Feldern platzieren, unter dem sich die Figur des Glasers befindet. Vor dem Zug darf man den Glaser noch bewegen, aber nur auf einen Streifen, der rechts von seiner aktuellen Position liegt. Logischerweise wird man irgendwann einmal keine passenden Steine vorfinden, wodurch man gezwungen ist, die alternative Aktion zu wählen: Den Glaser zum linken Streifen zurückziehen.

Diese Aktion darf man aber jederzeit auch freiwillig wählen, außer der Glaser befindet sich bereits auf dem äußerst linken Streifen. Dies kann manchmal taktisch sinnvoll sein, um für den nächsten Zug wieder mehr Auswahl vorzufinden. Und oft hilft dies als “Verzögerungstaktik“, wenn man nur mehr eine schlechte Auswahl an Steinen vorfindet, welche viele Minuspunkte einbrächte. Damit lässt man dann den nachfolgenden Spieler in den sauren Apfel beißen. Auf jeden Fall bringt der Glaser weitere Aspekte ins Spiel.

Noch etwas unterscheidet die beiden Spiele. “Azul – Die Buntglasfenster von Sintra” bietet mehr Möglichkeiten zu punkten, ist dafür aber auch um eine Spur komplexer. Besticht das königlich-portugiesische Fliesenlegen durch seine Geradlinigkeit und seine Schnörkellosigkeit, sind beim Glasfenster-Verzieren nun doch mehrere Sachen zu beachten. Neben den Punkten für die Fertigstellung einer Leiste (zwischen 1 und 4 Punkte) kann man noch Zusatzpunkte für fertiggestellte Fenster rechts von der aktuellen Leiste, sowie Bonuspunkte für farblich mit dem Rundenanzeiger übereinstimmende Steine erzielen. Und bei der Schlusswertung kann man noch weitere Bonuspunkte erhalten.

In der Praxis ergibt dies zwei grundsätzliche Strategien: Entweder man arbeitet die Streifen schön langsam und von links nach rechts ab, was durchaus Sinn macht, bringen die ersten Streifen doch mehr Punkte, außerdem verliert man weniger Züge durch das Rückversetzen des Glasers. Oder aber man konzentriert sich anfangs auf die rechten Streifen, um später die wertvollen Zusatzpunkte einheimsen zu können, allerdings mit dem Nachteil, mehrere Leerzüge in Kauf nehmen zu müssen.

Welche Aktion man aber zu welchem Zeitpunkt durchführt, hängt viel von den Mitspielern ab, von deren Optionen und Möglichkeiten. Ich bin mir selbst nach mehreren Partien noch nicht sicher, wie groß der eigene Einfluss auf den Spielablauf tatsächlich ist, und wie viel sich einfach so ergibt. Jedenfalls ist ein gewisses Maß an Flexibilität sicher kein Nachteil.

Auch in dieser Version ist “Azul” kein Spiel für Strategen und Spielexperten, auch wenn diese dennoch dran Gefallen finden können. Die Zielgruppe ist eindeutig der Gelegenheitsspieler. Bleibt nur mehr eine Frage offen: Braucht man “Azul – Die Buntglasfenster von Sintra”, wenn man bereits “Azul” sein eigen nennt? Die Antwort ist ein klares “Jein!”. Es bietet zwar mehr Abwechslung, vermittelt aber doch ein sehr, sehr ähnliches Spielgefühl.

Wertung:

Von Franky Bayer

Rezension Fuji

Einen aktiven Vulkan erforschen, schön und gut. Sicher interessant und wahrscheinlich auch wichtig. Hat halt leider nur einen kleinen Haken. Stichwort: Eruption. Wenn dann ein Expeditionsteam schon relativ nahe am Krater ist, und die Erde plötzlich zu beben, der Vulkan zu spucken anfängt, heißt es: Beine in die Hand und schleunigst Reißaus nehmen. So wie hier am japanischen Fuji. Wir – eine Gruppe von Abenteurern – müssen nun so schnell wie möglich vor den tödlichen Lavaströmen zurück ins rettende Dorf flüchten.

Wer jetzt einen Spielplan mit dem Vulkan und seiner näheren Umgebung, sowie einem oder mehreren Pfaden dorthin erwartet, liegt falsch. Die Landschaft wird für jede Partie aus Karten neu aufgebaut. Eine Szenariokarte gibt an wo die Vulkankarte, die beiden anschließenden Geröllkarten, die gut gemischten Landschaftskarten und die Dorfkarten platziert werden.

Jeder Spieler erhält zu Beginn ein Fähigkeitskarte, welche angibt, mit wie vielen Würfeln und (zufällig gezogenen) Ausrüstungsgegenständen jeder Spieler beginnt, und welche Sonderfähigkeit er nutzen kann. Außerdem stellt jeder Spieler seine Spielfigur in die unmittelbare Nähe des Fuji, bis zum Ziel sind dann – Umwege nicht mitgerechnet – zwischen 8 und 10 Felder zu überwinden.

Bei der Kürze der Distanz verwundert es nicht, dass die Würfel nicht direkt zur Ermittlung der Zugweite dienen. Die erzielten Würfelergebnisse bestimmen jedoch, ob man das vorher gewählte Zielfeld erreicht oder stattdessen stehen bleiben muss. Das zentrale Spielprinzip: Um ein Zielfeld betreten zu dürfen, muss ein Spieler die Vorgabe auf diesem Feld besser erfüllen als seine beiden Sitznachbarn.

Der Spielablauf  im Detail: Zuerst würfeln alle Spieler verdeckt hinter ihrem Sichtschirm. Anschließend diskutieren sie, wohin sie sich bewegen möchten, wobei aber keine genauen Angaben über den eigenen Würfelwurf gemacht werden dürfen. Danach dürfen die Spieler eventuell – abhängig von der gewählten Entfernung – beliebig viele Würfel neu werfen.

Nach dem Aufdecken der Sichtschirme werden – ein Spieler nach dem anderen – die Ergebnisse verglichen. Nur wenn man beide Nachbarn übertrifft, darf man seine Figur tatsächlich bewegen. Abhängig vom Ergebnis wird schließlich noch die Ausdauer angepasst, das heißt dass bei gar keiner oder zu wenig Differenz der Marker auf der Ausdauerleiste entsprechend des Schwierigkeitsgrades vorwärts gezogen wird, was unter Umständen zu einem Wundenplättchen führen kann. Zum Abschluss einer Spielrunde kommt es zu einem Vulkanausbruch, wodurch sich die Lava immer mehr ausbreitet.

Erreichen alle Spieler das rettende Dorf, haben sie als Team gewonnen. Wenn aber auch nur ein einziger Spieler stirbt, weil er entweder von der heißen Lava eingeholt wurde oder weil er vor Erschöpfung zusammenbricht (sein Marker erreicht das letzte Feld der Ausdauerleiste), verlieren alle Spieler gemeinsam.

Dieser originelle Würfelmechanismus ist das Um und Auf des Spiels. Es reicht nämlich nicht aus, ein für das eigene Ergebnis passendes Zielfeld zu finden. Das Würfelergebnis wirkt sich ja auch auf die Wahl der beiden Sitznachbarn aus. Jeder Spieler muss somit gleich drei Möglichkeiten in Betracht ziehen, um einerseits selbst ziehen zu dürfen und andererseits die Bewegung der Mitspieler nicht zu gefährden.

Es kommt daher darauf an, sich abzustimmen, sich abzusprechen, die Aktionen zu koordinieren. Die dafür notwendige Kommunikation ist allerdings etwas eingeschränkt. Man darf zwar darauf hinweisen, dass jenes vom rechten Nachbarn geplante Zielfeld “gefährlich” ist, weil das eigene Würfelergebnis dafür zu hoch ausgefallen ist, die Mitteilung von erwürfelten Farben, Werten oder gar genauen Würfelergebnissen ist nicht zulässig. Bis die Situation ausreichend ausdiskutiert wurde und sich jeder Spieler auf ein zufriedenstellendes Zielfeld festgelegt hat, kann es daher ein wenig dauern.

Auch der Einsatz von Ausrüstung will gut geplant, geschickt getimt sein, da sie nach einmaligem Gebrauch abgeworfen werden müssen. Jeder Spieler startet mit 1 oder 2 Ausrüstungsgegenständen. Weitere Gegenstände sind auf bestimmten Landschaftsfeldern erhältlich, meist etwas abseits der kürzesten Route. Je nach Ausrüstung kann man beliebige leere Landschaftsfelder miteinander vertauschen (Fernglas), einen Würfel auf eine beliebige Seite drehen (Schaufel), am Ende der Runde keine Ausdauer verlieren (Verbandskasten), u. ä. Die Ausrüstungsgegenstände liegen zwar alle offen vor den Spielern aus, ob und wann sie verwendet werden müssten, ist trotzdem aufgrund der verdeckten Würfelergebnisse zumeist Spekulation.

Jeder Spieler verfügt ja – wie bereits erwähnt – über eine spezielle Fähigkeit. So kann beispielsweise der “Tüftler” jeden seiner Ausrüstungsgegenstände 2 x einsetzen, der “Überlebenskünstler” hat stets einen weiteren Neuwurf, und der “Kundschafter” darf sich sogar bis zu 4 Felder bewegen. Auch diese Sonderfähigkeiten sollten möglichst in alle Überlegungen mit einbezogen werden.

Natürlich ist es wichtig, sich immer mehr dem rettenden Dorf zu nähern. Die Differenz der Bewegungswerte sollte dabei aber möglichst hoch sein, um wenig Ausdauer zu verlieren. Bei bestimmten Feldern der Ausdauerleiste erhält man nämlich ein Wundenplättchen. Jedes Mal, wenn man eine Wunde erleidet, muss man sich entscheiden, welches Wundenfeld der eigenen Fähigkeitskarte man abdecken soll, was entweder den Verlust eines Würfels oder einer bestimmten Aktion (Neuwurf, Verwendung von Ausrüstung, Spezialfähigkeit) zur Folge hat.

Die Spielerzahl ist zwar mit 2 bis 4 Personen angegeben, zu zweit finde ich “Fuji” selbst mit den beiden empfohlenen Varianten – nicht so reizvoll. Zu viert ist es meiner Meinung nach einfacher als zu dritt, da die beiden jeweils gegenübersitzenden Spieler dasselbe Zielfeld wählen können, was es den Mitspielern leichter macht, sich darauf einzustellen. Zu dritt ist es ganz schön knackig, weil es alle Bedingungen der gewählten Zielfelder zu beachten gilt.

Wie bei vielen Koop-Spielen lässt sich auch hier vorab der Schwierigkeitsgrad frei wählen. Dies geschieht mittels vier Schwierigkeitskarten, welche je nach gewähltem Level die Differenz der Bewegungswerte mit mehr oder weniger Verlust an Ausdauer bestrafen. Am Ende des Spiels könnte man noch anhand einer Tabelle ermitteln, wie gut sich das Team insgesamt geschlagen hat, was ich persönlich aber für unnötig und eher spaßvermindernd halte.

Das Herz des Spiels bleibt auf jeden Fall der raffinierte Würfel-Bewegungsmechanismus, der Anfängern nicht so leicht zu vermitteln ist. Es braucht eine Zeit, bis man versteht, auf was alles geachtet werden muss, und wie man sich darauf einstellt. Auch ich hatte in meiner allerersten Partie dieses Problem, war hauptverantwortlich an unserem Scheitern, weil ich – nachdem ich als Erster das Dorf erreicht hatte, zu wenig auf die Probleme und Nöte meiner Mitspieler geachtet habe.

In anderen Medien las ich den Vorschlag, man könne doch gleich ohne Sichtschirme spielen und alle Informationen offen lassen. Dies kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Für mich liegt gerade in dem trotz bestmöglicher Kommunikationsversuche bestehenden Unsicherheitsfaktor der besondere Reiz des Spiels. “Fuji” ist – summa summarum – wieder eine wunderbare Spielidee von Newcomer Wolfgang Warsch, die von Feuerland Spiele auch optisch sehr gut umgesetzt wurde.

Wertung:

Von Franky Bayer

Rezension Natives

Als Kinder haben wir oft “Cowboy & Indianer” gespielt. Unser Bild damals von den “Rothäuten” war doch ziemlich klischeehaft, geprägt von zahlreichen alten Western im Fernsehen, welche die Ureinwohner Amerikas in einem sehr einseitigen Licht präsentierten. Mittlerweile hat sich meine Sichtweise der Indianer – durch kompetente Fachliteratur und nicht zuletzt einem Besuch im Midwest der USA – stark gewandelt.

Das Spiel “Natives” befindet sich thematisch irgendwo zwischen romantischer Verklärtheit und der historischen Realität, bevor der “weiße Mann” auftauchte. Als Stammesführer versuchen wir, unseren Stamm auf die bevorstehende kalte Jahreszeit vorzubereiten, indem wir neue Stammesmitglieder anwerben und Nahrungsvorräte in Form von Mais, Lachs und Bison anlegen.

Unser Stamm besteht – wie jene der anderen Häuptlinge – anfangs aus gerade mal 7 Stammesmitgliedern: Neben einem Kundschafter gibt es noch einen Ältesten, einen Schamanen, einen Krieger, einen Farmer, einen Fischer und einen Jäger. Wir legen diese 7 Karten in einer Reihe vor uns aus. Die restlichen Karten werden gemischt, und die Karte “Winter” kommt als eine der untersten in den so gebildeten “Präriestapel“. Von diesem werden anschließend noch 5 Karten gezogen und offen in die Mitte (= die “Prärie”) ausgelegt.

Wenn wir an der Reihe sind, führen wir folgende drei Schritte aus:

1. Nachschub: Wir decken 1 Karte vom Stapel auf und legen diese in die Prärie.

2. Kundschafter-Aktion: Wenn wir wollen, können wir noch zusätzliche Karten                  einzeln aufdecken, und zwar höchstens so viele, wie wir Kundschafter haben.

3. Stammeskarte aktivieren und zugehörige Aktion ausführen: Wir wählen eine

    unserer Stammeskarten und dürfen maximal so viele Karten aus der Prärie

    nehmen und bei uns anlegen, wie wir entsprechende Stammesmitglieder haben.

Mit den Stammeskarten lassen sich folgende Aktionen durchführen:

Der Älteste wirbt neue Stammesmitglieder an, indem Stammesmitglieder-Karten aus der Prärie unterhalb von Stammesmitgliedern angelegt werden, um die entsprechende Aktion zu verbessern. Schamanen dürfen Totems nutzen, welche oberhalb der Stammeskarte “Schamane” abgelegt werden und bei Spielende Extrapunkte (beispielsweise für Bisons) bringen können.

Krieger wiederum können Stammesmitglieder aus der Prärie gefangen nehmen, welche oberhalb des “Kriegers” abgelegt werden. Jeder Gefangene zählt am Schluss 1 Punkt. Auch die Stammeskarten Farmer, Fischer und Jäger funktionieren auf die gleiche Weise, also zum Nehmen und Anlegen der Nahrungskarten “Mais”, “Lachs” bzw. “Bison”, um damit bei Spielende wertvolle Punkte zu erhalten.

Das Spielende naht, sobald die “Winter”-Karten auftaucht. Die Runde wird noch zu Ende gespielt, danach ermitteln wir unsere Siegpunkte. Zu den Punkten der Stammesmitglieder unserer Farbe – egal ob bei uns oder bei anderen Stämmen “beschäftigt” – kommen noch die Punkte für unsere gesammelte Nahrung, unsere Gefangenen, sowie für unsere Totems. Minuspunkte gibt’s hingegen für fremde Stammesmitglieder in unserem Stamm. Konnten wir insgesamt die meisten Punkte erzielen, brauchen uns für den Winter keine Sorgen machen und haben gewonnen.

“Natives” ist ein reines Kartenspiel, weil das gesamte Spielmaterial (mit Ausnahme der Spielregeln) aus Karten besteht. Im Grundspiel sind dies total 129 Karten, die sich auf Stammeskarten – die Startauslage der Spieler – und Präriekarten aufteilen.

Mehr als die Hälfte der Präriekarten besteht aus Stammesmitgliedern. Die einfarbigen Stammesmitglieder (je 7 in den vier Spielerfarben) haben den Wert 2, die zweifärbigen (4 x jede mögliche Kombination aus vier Farben) bloß den Wert 1.

Stammesmitglieder der eigenen Farbe nutzt man am besten, um seinen Stamm zu vergrößern, womit man in Folge bessere Aktionen durchführen kann, also beispielsweise mehr Mais zu ernten oder mehr Lachse zu fischen. Stammesmitglieder fremder Farben würden hingegen Minuspunkte bringen (und gleichzeitig den betroffenen Mitspielern helfen), weshalb man sie lieber als Gefangene nimmt.

Die anderen Präriekarten – Nahrungskarten und Totems – können hingegen wesentlich mehr Siegpunkte bringen. Nahrungskarten liefern einen fixen Punktewert. So ist am Ende jeder Mais 2 Punkte wert, jeder Lachs 3 Punkte, und jeder Bison zählt 4 Punkte. Bei den Totems wiederum hängt die Punkteausbeute von der eigenen Auslage am Spielende ab. Bei guter Planung kann so ein Totem dann locker mehr als 5 Punkte einbringen.

Im Prinzip baut man mit Stammesmitgliedern eine möglichst effektive Maschine auf, um in Folge die Aktionen zu verbessern, bzw. die Einnahmen zu erhöhen, also mehrere Karten auf einmal nehmen zu können. Aufgrund dessen wirkt das Spiel etwas trocken und ziemlich mechanisch. Das Thema erweist sich dann auch als aufgesetzt und beliebig austauschbar. Man hat halt nie das Gefühl, wirklich die Geschicke eines Indianerstamms zu führen, sondern eher die Spielzüge zu optimieren. Daran ändert auch die meiner Meinung nach gelungene grafische Gestaltung nicht viel, bei der indigene Muster verwendet werden.

Spielerisch ist “Natives” nicht allzu fordernd und richtet sich eher an Gelegenheitsspieler. Der Glücksanteil ist durch das zufällige Aufdecken der Karten doch recht hoch, sodass sich Vielspieler eher “gespielt” fühlen und stärkere Einflussmöglichkeiten vermissen. Dafür spielt es sich locker und kurzweilig, ohne allerdings banal zu werden. Es gilt, nicht nur seine eigene Auslage zu betrachten, sondern stets auch ein Auge auf die Möglichkeiten und Intentionen der Mitspieler zu haben.

Die Schachtel beinhaltet übrigens durch zusätzliche Karten noch drei Erweiterungen, die für mehr Vielfalt sorgen. Die Änderungen im Spielverlauf sind zwar nur minimal, aber alleine die längere Spieldauer bringt schon etwas mehr Taktik ins Spiel. Man kann die Erweiterungen entweder einzeln oder später auch in beliebiger Kombination einsetzen, was den Wiederspielreiz deutlich erhöht. Insgesamt ein solides kartengesteuertes Aufbauspiel mit angenehmer Spieldauer, dem – vor allem im Grundspiel – aber doch das gewisse Etwas fehlt.

Wertung:

Von Franky Bayer

Für Let’s Play Interresierte gibte es auf unserer webseite auch unseren Youtubechannel zu bestaunen.
Unter folgendem Link könnt Ihr das Let’s play zu Natives euch ansehen.
https://spieleversum.at/spieleversum-youtube-channel

Rezension Hexenhaus von Lookoutgames

“Knusper knusper Knäuschen,

wer knabbert an meinem Häuschen?”

Blöde Frage. Viel zu viele Märchenfiguren werden durch den Duft der leckeren Lebkuchen, aus denen mein Haus aufgebaut ist, wie magisch angezogen. Na warte, denen wird das verbotene Naschen schon noch vergehen, so wahr ich eine Hexe bin. Ich werde die hungrigen Fabelwesen mit ihren Lieblingslebkuchen anlocken und sie dann auf ewig wegsperren!

Der Grundriss meines Lebkuchenhäuschen ist quadratisch, nämlich 3 x 3 Felder groß. Als Baumaterial dienen Doppelplättchen mit je 2 Baufeldern. Die meisten Felder zeigen einen von vier verschiedenen Lebkuchen: einen roten herzförmigen, einen gelben runden, einen blauen viereckigen oder einen grünen fünfeckigen Lebkuchen. Die restlichen Felder zeigen die Symbole “Treppe”, “Tausch” oder “Käfig”, welche mir beim Bau des Hauses und/oder beim Anlocken der Märchenwesen behilflich sein können.

Insgesamt stehen mir 15 Doppelplättchen zur Verfügung, vom gemischten allgemeinen Stapel verdeckt gezogen. 3 Stück davon werden aufgedeckt, aus denen ich dann wählen darf. Zusätzlich habe ich bereits eine Treppe in meiner “Werkstatt” (rechts neben meinem Häuschen). Zum Abschluss der Vorbereitung darf ich mir schon eines der 4 Märchenfiguren aus der offenen Reihe nehmen und an meine “Pforte” (oberhalb meines Häuschens) anlegen.

Wenn ich an der Reihe bin, baue ich, indem ich eines der drei offenen Doppelplättchen auf 2 Felder meines Häuschens lege. Dabei müssen sich beide überbauten Felder in derselben Ebene befinden. Gegebenenfalls darf ich vorher eine oder mehrere Treppen auf genau eines der Felder legen. Anschließend führe ich die Effekte der gerade abgedeckten Symbole aus. Für abgedeckte Lebkuchen darf ich mir die passenden Lebkuchen-Marker aus dem Vorrat nehmen und in meine Speisekammer legen. Für jedes Tauschsymbol darf ich 1 Lebkuchen mit dem Vorrat tauschen, für jeden “Käfig” ein Märchenwesen an meine Pforte legen. Treppen wandern in meine Werkstatt.

Wenn ich jetzt über passende Lebkuchen verfüge, darf ich Märchenwesen aus der offenen Auslage und/oder vor meiner Pforte einfangen. Auf jeder Märchenfigur-Karte sind deren Lieblingslebkuchen genau angegeben, also welche und wie viele Lebkuchen gebraucht werden, um sie gefangen nehmen zu können. So kann ich etwa den Froschkönig bereits mit einem grünen und einen gelben Lebkuchen erwischen, während ich für die 7 Zwerge stolze 7 blaue Lebkuchen gesammelt haben muss. Für jede gefangene Märchenfigur erhalte ich übrigens einen Joker-Lebkuchen, den ich sofort in mein Haus einbaue (und damit den überdeckten Effekt auslöse).

Konnte ich durch das Bauen ein komplettes Stockwerk vollenden, darf ich mir eine der ausliegenden Belohnungskarten nehmen, welche mir am Ende zusätzliche Punkte einbringen. Nach 15 Runden ist mein Knusperhäuschen fertiggestellt. Nun erhalte ich die Siegpunkte für alle von mir eingefangenen Märchenwesen (je nach Anzahl der dafür erforderlichen Lebkuchen zwischen 2 und 10 Punkten), für meine Belohnungskarten, sowie für verbliebene Lebkuchen (1 Punkte für je 2 Stück). Nur wenn ich die meisten Punkte sammeln konnte, kann ich mich als die gerissenste Hexe des ganzen Märchenwaldes bezeichnen.

Als Legespiel präsentiert sich “Hexenhaus” als etwas gewöhnungsbedürftig. Es zählen ja nicht die Symbole auf den eingesetzten Doppelplättchen. Man erhält stattdessen die überdeckten Lebkuchen bzw. Effekte. Dies verlangt nicht nur eine andere Spielroutine – zuerst die Effekte der Felder nutzen, dann erst das Plättchen drauflegen -, sondern erfordert auch sorgfältige Planung, um die Auslage für die nächsten Runden vorzubereiten.

In dieser Hinsicht gilt es, besonderen Wert auf eine – noch nicht erwähnte – Sonderregel zu legen. Überbaut man nämlich mit einem Doppelplättchen 2 gleiche Symbole, erhält man den entsprechenden Effekt nicht bloß doppelt, sogar dreifach! Dieser Umstand sollte möglichst oft in die Planung mit einbezogen werden, schließlich bedeutet hier “mehr” ganz klar auch “besser”:  Man kann sich “teurere” Märchenwesen leisten, die in der Endabrechnung mehr Punkte wert sind.

Das Puzzle-Element verdient ebenfalls Beachtung. Es lässt sich ja leicht ausrechnen, dass sich mit Doppelplättchen alleine auf einem 3 x 3 Felder großen Raster keine Stockwerke komplettieren lassen. Um dies zu bewerkstelligen, aber auch um gleiche Symbole auf verschiedenen Etagen abdecken zu können, dienen die Treppen. Diese sind so beschaffen, dass man noch das darunterliegende Symbol erkennen kann. Zudem können Treppen, aber auch Jokerplättchen hilfreich sein, um Stockwerke schneller fertigzustellen, um früher an die lukrativeren Belohnungen zu gelangen.

Apropos Belohnungen: Im Einsteigerspiel zählen bloß die auf der Rückseite aufgedruckten Punkte (zwischen 1 und 8 Punkte), wobei die höheren Punkte klarerweise von jenen Spielern geschnappt werden, die früher Stockwerke vollenden konnten. Im Standardspiel hingegen werden die Vorderseiten der Karten herangezogen, die keinen fixen Punktewert zeigen. Die Anzahl der Siegpunkte ergibt sich aus dem Kartentext. So erhält man beispielsweise Sonderpunkte für jedes “frohgemute” (mit einem freundlichen Lebkuchengesicht markierte) Märchenwesen, für solche mit bestimmten Lebkuchensorten, oder etwa wenn man eine bestimmte Anzahl an Stockwerken vollenden konnte. Dies alles verlangt bereits ein etwas differenzierteres, durchdachteres Vorgehen.

Die Interaktion ist bei “Hexenhaus” nicht sehr hoch, sie beschränkt sich auf das Wegschnappen von Märchenwesen und vor allem von punkteträchtigen Belohnungskarten. Dafür ist aber auch der Glücksanteil relativ gering. Trotzdem kann sich die zufällige Verteilung der Doppelplättchen negativ auswirken. Hat man zum Beispiel keine Treppen unter seinen Plättchen, muss man sich zum Vollenden von Stockwerken auf Jokerplättchen beschränken oder notfalls auf einen alternativen Verlegenheitszug zurückgreifen: Für das Abwerfen eines Doppelplättchens erhält man 2 Treppen.

Insgesamt ist “Hexenhaus” ein gelungenes Spiel, das durch einen einfachen, aber im Detail doch recht raffinierten Spielmechanismus besticht. Phil Walker-Harding hat einmal mehr bewiesen, dass er ein Meister des abwechslungsreichen, gehobenen Familienspiels ist. Mir gefällt zudem die tolle Grafik, welche Funktionalität (leicht erkennbare und gut unterscheidbare Symbole) mit schönen, einfach märchenhaften Illustrationen vereint. Kein Wunder, dass das Spiel sowohl im Spieleklub als auch in meinem Familienkreis immer wieder ausgepackt wird.

Wertung:

von Franky Bayer