“Knusper knusper Knäuschen,
wer knabbert an meinem Häuschen?”
Blöde Frage. Viel zu viele Märchenfiguren werden durch
den Duft der leckeren Lebkuchen, aus denen mein Haus aufgebaut ist, wie magisch
angezogen. Na warte, denen wird das verbotene Naschen schon noch vergehen, so
wahr ich eine Hexe bin. Ich werde die hungrigen Fabelwesen mit ihren
Lieblingslebkuchen anlocken und sie dann auf ewig wegsperren!
Der Grundriss meines Lebkuchenhäuschen ist
quadratisch, nämlich 3 x 3 Felder groß. Als Baumaterial dienen Doppelplättchen
mit je 2 Baufeldern. Die meisten Felder zeigen einen von vier verschiedenen
Lebkuchen: einen roten herzförmigen, einen gelben runden, einen blauen
viereckigen oder einen grünen fünfeckigen Lebkuchen. Die restlichen Felder
zeigen die Symbole “Treppe”, “Tausch” oder
“Käfig”, welche mir beim Bau des Hauses und/oder beim Anlocken der
Märchenwesen behilflich sein können.
Insgesamt stehen mir 15 Doppelplättchen zur Verfügung,
vom gemischten allgemeinen Stapel verdeckt gezogen. 3 Stück davon werden
aufgedeckt, aus denen ich dann wählen darf. Zusätzlich habe ich bereits eine
Treppe in meiner “Werkstatt” (rechts neben meinem Häuschen). Zum
Abschluss der Vorbereitung darf ich mir schon eines der 4 Märchenfiguren aus
der offenen Reihe nehmen und an meine “Pforte” (oberhalb meines
Häuschens) anlegen.
Wenn ich an der Reihe bin, baue ich, indem ich
eines der drei offenen Doppelplättchen auf 2 Felder meines Häuschens lege.
Dabei müssen sich beide überbauten Felder in derselben Ebene befinden.
Gegebenenfalls darf ich vorher eine oder mehrere Treppen auf genau eines der
Felder legen. Anschließend führe ich die Effekte der gerade abgedeckten
Symbole aus. Für abgedeckte Lebkuchen darf ich mir die passenden
Lebkuchen-Marker aus dem Vorrat nehmen und in meine Speisekammer legen. Für
jedes Tauschsymbol darf ich 1 Lebkuchen mit dem Vorrat tauschen, für jeden
“Käfig” ein Märchenwesen an meine Pforte legen. Treppen wandern in
meine Werkstatt.
Wenn ich jetzt über passende Lebkuchen verfüge, darf
ich Märchenwesen aus der offenen Auslage und/oder vor meiner Pforte einfangen.
Auf jeder Märchenfigur-Karte sind deren Lieblingslebkuchen genau angegeben,
also welche und wie viele Lebkuchen gebraucht werden, um sie gefangen nehmen zu
können. So kann ich etwa den Froschkönig bereits mit einem grünen und einen
gelben Lebkuchen erwischen, während ich für die 7 Zwerge stolze 7 blaue
Lebkuchen gesammelt haben muss. Für jede gefangene Märchenfigur erhalte ich
übrigens einen Joker-Lebkuchen, den ich sofort in mein Haus einbaue (und
damit den überdeckten Effekt auslöse).
Konnte ich durch das Bauen ein komplettes Stockwerk
vollenden, darf ich mir eine der ausliegenden Belohnungskarten nehmen,
welche mir am Ende zusätzliche Punkte einbringen. Nach 15 Runden ist mein
Knusperhäuschen fertiggestellt. Nun erhalte ich die Siegpunkte für alle
von mir eingefangenen Märchenwesen (je nach Anzahl der dafür erforderlichen
Lebkuchen zwischen 2 und 10 Punkten), für meine Belohnungskarten, sowie für
verbliebene Lebkuchen (1 Punkte für je 2 Stück). Nur wenn ich die meisten
Punkte sammeln konnte, kann ich mich als die gerissenste Hexe des ganzen
Märchenwaldes bezeichnen.
Als Legespiel präsentiert sich
“Hexenhaus” als etwas gewöhnungsbedürftig. Es zählen ja nicht
die Symbole auf den eingesetzten Doppelplättchen. Man erhält stattdessen die überdeckten
Lebkuchen bzw. Effekte. Dies verlangt nicht nur eine andere Spielroutine –
zuerst die Effekte der Felder nutzen, dann erst das Plättchen drauflegen -,
sondern erfordert auch sorgfältige Planung, um die Auslage für die nächsten
Runden vorzubereiten.
In dieser Hinsicht gilt es, besonderen Wert auf eine –
noch nicht erwähnte – Sonderregel zu legen. Überbaut man nämlich mit
einem Doppelplättchen 2 gleiche Symbole, erhält man den entsprechenden Effekt
nicht bloß doppelt, sogar dreifach! Dieser Umstand sollte möglichst oft
in die Planung mit einbezogen werden, schließlich bedeutet hier
“mehr” ganz klar auch “besser”: Man kann sich “teurere”
Märchenwesen leisten, die in der Endabrechnung mehr Punkte wert sind.
Das Puzzle-Element verdient ebenfalls
Beachtung. Es lässt sich ja leicht ausrechnen, dass sich mit Doppelplättchen
alleine auf einem 3 x 3 Felder großen Raster keine Stockwerke komplettieren
lassen. Um dies zu bewerkstelligen, aber auch um gleiche Symbole auf
verschiedenen Etagen abdecken zu können, dienen die Treppen. Diese sind
so beschaffen, dass man noch das darunterliegende Symbol erkennen kann. Zudem
können Treppen, aber auch Jokerplättchen hilfreich sein, um Stockwerke
schneller fertigzustellen, um früher an die lukrativeren Belohnungen zu
gelangen.
Apropos Belohnungen: Im Einsteigerspiel zählen
bloß die auf der Rückseite aufgedruckten Punkte (zwischen 1 und 8 Punkte),
wobei die höheren Punkte klarerweise von jenen Spielern geschnappt werden, die
früher Stockwerke vollenden konnten. Im Standardspiel hingegen werden die
Vorderseiten der Karten herangezogen, die keinen fixen Punktewert zeigen. Die
Anzahl der Siegpunkte ergibt sich aus dem Kartentext. So erhält man
beispielsweise Sonderpunkte für jedes “frohgemute” (mit einem
freundlichen Lebkuchengesicht markierte) Märchenwesen, für solche mit
bestimmten Lebkuchensorten, oder etwa wenn man eine bestimmte Anzahl an
Stockwerken vollenden konnte. Dies alles verlangt bereits ein etwas
differenzierteres, durchdachteres Vorgehen.
Die Interaktion ist bei “Hexenhaus” nicht
sehr hoch, sie beschränkt sich auf das Wegschnappen von Märchenwesen und vor
allem von punkteträchtigen Belohnungskarten. Dafür ist aber auch der Glücksanteil
relativ gering. Trotzdem kann sich die zufällige Verteilung der
Doppelplättchen negativ auswirken. Hat man zum Beispiel keine Treppen unter
seinen Plättchen, muss man sich zum Vollenden von Stockwerken auf
Jokerplättchen beschränken oder notfalls auf einen alternativen
Verlegenheitszug zurückgreifen: Für das Abwerfen eines Doppelplättchens erhält
man 2 Treppen.
Insgesamt ist “Hexenhaus” ein gelungenes Spiel, das durch einen einfachen, aber im Detail doch recht raffinierten Spielmechanismus besticht. Phil Walker-Harding hat einmal mehr bewiesen, dass er ein Meister des abwechslungsreichen, gehobenen Familienspiels ist. Mir gefällt zudem die tolle Grafik, welche Funktionalität (leicht erkennbare und gut unterscheidbare Symbole) mit schönen, einfach märchenhaften Illustrationen vereint. Kein Wunder, dass das Spiel sowohl im Spieleklub als auch in meinem Familienkreis immer wieder ausgepackt wird.
Wertung: 
von Franky Bayer