Rezension Liftoff

Mit dem Begriff “Liftoff” kann Otto Normalverbraucher hierzulande nicht viel anfangen, darum hier die Aufklärung: Es bezeichnet das vertikale Abheben eines Raumschiffs, einer Rakete oder eines Helikopters, und ist die logische Fortsetzung der Zahlenreihe “five – four- three- two – one”. All dies führt uns direkt in die 50er- und 60er-Jahre, als sich die Amerikaner und die Russen einen erbitterten Wettstreit um die Vormachtstellung im All lieferten.

Im gleichnamigen Spiel übernehmen die Spieler die Rolle einer privaten Raumfahrtagentur, welche durch Anheuern von Spezialisten, Verbesserung ihrer Raketen und der Entwicklung ihrer Fähigkeiten versucht, möglichst viele Missionen ins All zu bringen, um am Ende als Sieger des Rennens zu den Sternen hervorzugehen.

Die Ausgangssituation ist allerdings nicht sehr vielversprechend. Jeder Spieler verfügt über ein bescheidenes Labor mit einer Abschussrampe, eine Standardrakete und ein Startkapital von 10 Geld (in 100.000ern). Das Entwicklungstableau weist 3 Leisten auf, welche anfangs folgende Werte offenbaren: Das reguläres Einkommen pro Runde beträgt 5 Geld, die Kosten pro Raketenstart ebenfalls 5 Geld, und jede Rakete kann höchstens 1 Tonne an Gewicht transportieren.

Eines ist klar: Das alles ist viel zu wenig, um erfolgreiche Missionen ins All starten zu können. Ohne die Hilfe von Spezialisten lässt sich da nichts machen. In der ersten Phase jeder Runde bekommen die Spieler Spezialistenkarten auf die Hand, draften diese in 2 Durchgängen und spielen anschließend 2 von diesen nacheinander aus.

Jede Spezialistenkarte hat eine Schärpe, welche entweder einen Sofortbonus (Geld bzw. Siegpunkte) oder einen Vorteil in der 2. Phase bringt, sowie einen Aktionskasten, den er nutzen kann. In den meisten Fällen kann man damit – gegen Bezahlung der angegebenen Kosten – die Fähigkeiten seines Unternehmens verbessern, also Upgrades für seine Raketen (zusätzlicher Laderaum oder Antrieb), Technikkarten (Treibstoff, Power, Sauerstoff-Versorgung, Bio-Versorgung) oder eine Aufwertung des eigenen Labors erwerben . Alternativ kann man auf alle Aktionen verzichten, um 2 Geld zu kassieren.

Die 2. Phase jeder Runde widmet sich den Missionen. Zuerst darf sich jeder 3 Karten von einem verfügbaren Missions-Stapel ziehen und eine davon behalten, die er unterhalb seiner Rakete als “geplante Mission” auslegt. Danach darf er Missionen starten, indem er sie mit Hilfe seiner Rakete von der Erde ins All befördert, also oberhalb seiner Rakete schiebt. Dafür bekommt er sofort Siegpunkte, und zwar für den Start selbst (abhängig vom Level seines Labors), sowie fürs Aktivieren der Mission (wie auf der Karte angegeben). Die meisten Missionen bringen außerdem noch bestimmte Effekte, wie Technikkarten, Upgrades, u. ä.

Allerdings sind für jeden Start ein paar Voraussetzungen zu überprüfen. So muss man über genug Geld verfügen, um die Kosten bezahlen zu können, über ausreichend Kapazität, um das Gewicht der beabsichtigten Mission(en) unterzubringen. Das Level des eigenen Labors muss mindestens jenem der fortschrittlichsten Mission entsprechen, und schließlich muss man seine Technik so weit verbessert haben, um eine geplante Mission auch tatsächlich starten zu dürfen.

Nachdem der Stapel mit den Spezialistenkarten das erste Mal durchgespielt wurde, kommen neue, bessere Missionskarten ins Spiel. Nach dem zweiten Durchlauf endet dann das Spiel. Nun erhalten die Spieler noch Siegpunkte für bestimmte (mit einer Sanduhr gekennzeichnete) Missionen, für jene Spielendekarten, welche zu Spielbeginn gedraftet wurden, sowie für übriges Geld und grüne Technikkarten. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat seine Raumfahrtagentur am erfolgreichsten geführt.

Spieleautor Jeroen Vandersteen arbeitet – laut Schachtelinformation – bei der ESA (European Space Agency). Meiner Erfahrung nach ist allzu viel Fachwissen und Fanatismus nicht gerade förderlich und bringt in den meisten Fällen zwar realistische Simulationen hervor, deren spielerischer Gehalt allerdings weit hinten nachhinkt. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an ein anderes Spiel mit demselben Titel (“Liftoff!” von Task Force Games 1989), bei dem äußerst detailliert jede einzelne Phase eines Mondflugs nachgespielt (bzw. nachgewürfelt) wurde, was zwar fachlich sehr lehrreich war, sich jedoch spielerisch aber ziemlich öde herausgestellt hat.

Im vorliegenden Fall sind diese Bedenken hingegen unbegründet. Wir haben es mit einem Spiel zu tun, welches interessante, gut miteinander verbundene Spielmechanismen verwendet und das Thema Raumfahrt im richtigen Maße abstrahiert. Man merkt, dass der Autor in erster Linie um ein gutes Spiel bemüht ist, und nicht um möglichst getreue Realitätsnähe.

Den Hauptmechanismus stellt das sogenannte “Card Drafting” dar, bei dem sich die Spieler von den ausgeteilten Karten eine Karte behalten dürfen und den Rest weitergeben. Im Falle von “Liftoff” wurde dies aber dahingehend abgeändert und vereinfacht, dass es erstens stets bloß 3 Karten sind, die gedraftet werden, womit es lediglich zu 2 Weitergaben kommt. Zweitens darf immer aus allen 3 Handkarten gewählt werden, womit es sogar erlaubt ist, beim 2. Draft eine Karte weiterzugeben, die man sich zuvor behalten hat.

Suboptimal für Spielneulinge ist jedoch, dass noch vor dem eigentlichen Spielbeginn Spielendekarten gedraftet werden. Diese Karten bringen erst am Ende des Spiels Punkte, abhängig davon, wie gut ihre Bedingungen erfüllt werden konnten. Wer das Spiel noch nicht kennt, steht anfangs etwas ratlos da, weil er noch nicht richtig abschätzen kann, wie sich das Spiel entwickeln könnte, wie schwer die einzelnen Bedingungen zu erfüllen sind, etc. Aber schon nach der ersten Partie stellt diese anfängliche Draft-Phase kein Problem mehr dar.

Das Herzstück des Spiels sind jedoch eindeutig die Spezialisten. Dies sind alles Personen, die den Spielern bei ihrer Aufgabe helfen können: Politiker, Forschungsleiterin, Triebswerks-Ingenieurin, Verrückter Professor, Externer Berater, Missionsspezialist, etc. Während eine blaue Schärpe auf einer Spezialistenkarte einen sofortigen Bonus (Geld oder Siegpunkte) bringt, wirken sich die Effekte auf gelben Schärpen erst später in der Missionsphase aus. So kann man einen zusätzlichen, sogar verbilligten Raketenstart erhalten, seine Nutzlast kurzfristig um 1 oder 2 Tonnen erhöhen, oder eine zusätzliche Missionskarte sowohl ziehen als auch behalten.

Besonders knifflig aufgrund des permanenten Geldmangels ist die Entscheidung, ob man anschließend eine oder – sofern vorhanden – zwei Aktionen der Spezialisten nutzt, wofür man jedoch meistens Geld ausgeben muss, oder lieber beide Aktionen ungenutzt lässt, um eine kleine Finanzspritze von 2 Geld zu erhalten. Hier kommt es darauf an, von Anfang an einen Plan zu verfolgen und die richtigen Spezialisten dafür zu sammeln. Unpassende Spezialisten kann man entweder für die nächste Runde aufheben, um sie beim Draften weiterzureichen, oder aber auf die unnützen Aktionen für 2 Geld verzichten.

Natürlich ist beim Draften ein nicht zu verleugnender Glücksanteil vorhanden. Wenn man unbedingt eine bestimmte Aktion benötigt, diese aber partout nicht auftaucht (wegen Kartenpechs und/oder missgünstiger Mitspieler), kann dies schon ärgerlich sein. Ich finde diesen Zufallsfaktor – auch als oftmals Betroffener – aber gerade noch akzeptabel, da man sich ja auch frühzeitig darauf einstellen kann, indem man auf die Optionen der Mitspieler achtet, vorausschauend plant, nicht alles am letzten Drücker machen will, und ansonsten flexibel reagiert.

Die Missionen sind der wichtigste Punktelieferant. Neben Punkten bringen die meisten Missionen aber noch eine weitere Belohnung: Gratis-Upgrades, Technikkarten, Fortschritt auf der Einkommensleiste, und ähnliches. Bei schwierigeren Missionen benötigt man zwar ein besseres Labor, einen größeren Laderaum sowie deutlich mehr Technikkarten, dafür können diese aber bei Spielende noch vermehrt Siegpunkte bringen. Bei einigen Missionen fällt dabei nicht nur die Beschränkung auf 1 Karte pro Spieler weg, sie sorgen sogar für eine größere Punkteausbeute, wenn man sie mehrfach ins All befördern kann.

Trotz der großen Bedeutung von erfolgreichen Missionen ist es auch möglich, mit weniger Missionen zu gewinnen. Vor allem mit dem Ausbau der gemeinsamen Raumstation, eine kostenintensive Alternative, welche einige Spezialisten anbieten, lassen sich viele Siegpunkte lukrieren. Wie immer man seine Strategie aber anlegt, sollte man unbedingt die anfangs gedrafteten Spielendekarten mit einbeziehen.

Noch ein paar Worte zum Spielmaterial: Spielplan, alle Kartonteile, Karten und die zur Markierung verwendeten Holzraketen sind in von “Hans im Glück” gewohnt guter Qualität. Grafisch ist alles im Retro-Look der späten Sechziger-Jahre gehalten und wirkt deshalb ein wenig altmodisch. Mir gefällt’s aber recht gut, und auch die Symbolik ist meiner Meinung nach gelungen.

Alles in allem bin ich gerne wieder mit von der Partie, wenn es heißt: “Auf ins All!”

Wertung:

Von Franky Bayer

Sponsor des Tages

Hallo Liebe Freunde von Spieleversum.

Heute darf ich euch unseren Sponsor des Tages vorstellen.
Wie ihr schon am Plakat erkennt ist es die Stadt Linz, welche uns großzügiger weise sponsert.

Weiters gibt es wunderschöne Orte in Linz zu Entdecken wie die Grottenbahn auf unserem Hausberg dem Pöstlingberg.
oder den Linzer Dom welcher ebenfalls in der Skyline von Linz nicht fehlen darf.

Wissenwertes über Linz.
Quelle: Linz Tourismus

Linz ist die Hauptstadt von Oberösterreich und die drittgrößte Stadt Österreichs. Durch das Stadtzentrum fließt die Donau, der längste Fluss Europas. Der Name Linz leitet sich aus dem keltischen Lentia/Lentos ab, was so viel wie biegsam oder gekrümmt bedeutet und vermutlich auf die Linzer Donau-Krümmung anspielt.  

Verspielte Grüße
Euer Spieleversum Team

Rezension Azul – Die Buntglas- fenster von Sintra

“Azul” hat letztes Jahr so ziemlich jeden Preis abgeräumt: “Spiel des Jahres”, “Deutscher Spielepreis”, sowie noch weitere renommierte Auszeichnungen in anderen Ländern Europas. Ja, sogar der “Knobelpreis” für das nach Meinung der “Ritter der Knobelrunde” beste taktische Spiel des Jahres 2018 ging an “Azul”.

Bei so viel Erfolg erwartet sich das Publikum automatisch Nachschub, dem jeder Verlag selbstverständlich – schon aus rein wirtschaftlichen Gründen – gerne nachkommt. Autor Michael Kiesling hat sich aber nicht darauf beschränken lassen, bloß – wie sonst üblich – das Spielsystem mit zusätzlichen Fliesenfarben, neuen Aufgaben in Form von anders gestalteten Wänden, o. ä. zu erweitern. Er bringt mit “Azul – Die Buntglasfenster von Sintra” ein vollkommen eigenständiges Spiel heraus, das sich lediglich des Grundmechanismus des Originals bei der Auswahl der Spielsteine bedient.

Wie der Untertitel bereits verrät, widmen wir uns hier nicht dem Fliesenlegen, sondern betätigen uns als Glaser, um dem allen Anschein nach äußerst anspruchsvollen Monarchen König Manuel I. von Portugal nach der Fertigstellung seines Palastes in Evora den nächsten Prunkbau kunstvoll auszuschmücken. Diesmal sollen wir die Fenster seines Palasts in Sintra farbenfroh verzieren.

Jeder von uns hat seinen eigenen Palastteil, dessen Fenster mit bunt schimmernden Glassteinen gefüllt werden sollen. Für die acht senkrechten Streifen (zufällig ausgelegt) sind je fünf Glassteine vorgesehen, welche jeweils eine von fünf Farben aufweisen: Durchsichtig, gelb, orangefarben, rot oder blau. Dabei besteht – bis auf eine Ausnahme – jeder Streifen lediglich aus einer einzigen Farbe oder einer Kombination aus zwei verschiedenen Farben.

Das benötigte Baumaterial – die Glassteine – bekommen wir direkt aus der Fabrik. Auf jedes Manufakturplättchen werden – zufällig aus einem Stoffbeutel gezogen – 4 Glassteine gelegt. Den Spielablauf kennen wir weitgehend schon aus unserem früheren Job als Fliesenleger. Sind wir an der Reihe, führen wir nacheinander die folgenden 3 Schritte durch:

1. Wir nehmen alle Glassteine einer Farbe, entweder von einem Manufakturplättchen unserer Wahl (in diesem Fall schieben wir die restlichen Glassteine in die Tischmitte), oder aus der Tischmitte. Sind wir bei Letzterem die ersten in dieser Runde, erhalten wir den Startspielermarker, müssen dafür aber unseren Marker auf der “Bruchglasleiste” nach unten schieben.

2. Wir legen die Glassteine auf einen Streifen. Dabei dürfen wir die Glassteine nur auf farblich passende Felder eines einzigen Streifens platzieren, über dem sich unsere Glaserfigur befindet. Der Glaser darf vor dem Legen zu eine Streifen gezogen werden, allerdings nur zu einem Streifen, der sich rechts von ihm befindet. Konnten wir nicht alle genommenen Glassteine unterbringen, kommt der Rest als Bruchglas in den Glasturm, was allerdings unseren Marker auf der Bruchglasleiste wieder entsprechend viele Felder nach unten rutschen lässt.

3. Wir überprüfen, ob der Streifen vollständig ist. Ist dies der Fall, räumen wir zuerst die Glassteine ab. 1 Stein wird auf eines der beiden Palastfenster unterhalb des Streifens gelegt, der Rest kommt in den Glasturm. Danach wird der Streifen umgedreht oder ganz aus dem Spiel entfernt, je nachdem ob er bereits gewertet wurde oder nicht.

Danach erhalten wir dafür Punkte. Neben einem fixen Punktewert, der auf dem entsprechenden Palastteil aufgedruckt ist, gibt es noch Extrapunkte, und zwar 1 Punkt für jeden Glasstein, der mit der für diese Runde zugelosten Bonusfarbe übereinstimmt, sowie für alle Palastteile rechts vom gewerteten Fenster, welche ebenfalls Glassteine beinhalten.

Wurden alle Glassteine von den Manufakturplättchen und der Tischmitte geleert, endet die Runde. Alle Manufakturplättchen werden wieder vom Stoffbeutel bestückt, und die nächste Runde beginnt mit dem neuen Startspieler. Nach der 6. Runde endet das Spiel.

In einer Schlusswertung bekommen wir noch ein paar Punkte für verbliebene Glassteine, Punkteabzüge für unsere Position auf der Bruchglasleiste, sowie Bonuspunkte für belegte Palastfenster. Haben wir nun die meisten Punkte auf der Zählleiste, haben wir uns als wahre Meister des gläsernen Mediums und des Lichts erwiesen und nebenbei auch das Spiel gewonnen.

Beim Spielmaterial braucht “Azul – Die Buntglasfenster von Sintra” keinen Vergleich mit dem “Spiel des Jahres 2018” zu scheuen. Statt der Keramik-ähnlichen Spielsteine finden wir nun durchsichtige Spielsteine, welche ein wenig wie quadratische Zuckerl aussehen und die farbigen Verzierungen in den Glasfenstern darstellen. Der Stoffbeutel, aus dem sie gezogen werden, ist hier in rosa gehalten. Der Wertungsplan ist meiner Meinung nach ein bisschen dünn ausgefallen, dafür fällt der praktische Glasturm, in den das Bruchglas wandert, positiv auf.

Der größte Unterschied zu “Azul” liegt in den Spielertableaus, welche modular für jeden Spieler aus 8 Streifen individuell zusammengesetzt werden. Damit gibt es bereits zu Beginn unterschiedliche Voraussetzungen für jeden Spieler. Allerdings muss der eine Streifen jedes Spielers, auf dem 2 graue Jokerfelder abgebildet sind, auf jeden Fall anfangs auf die Rückseite gewendet werden.

Dies sorgt dafür, dass die Spieler von Anfang an verschiedene Präferenzen haben. Für den einen wären beispielsweise 5 weiße Steine ideal, der andere bräuchte eher 2 oder 3 rote Steine, ein Dritter hätte zwar auch gerne weiße Steine, benötigt davon aber nicht mehr als 2. Diese unterschiedliche Ausgangslage sorgt dafür, dass es noch wichtiger als im Grundspiel ist, die Optionen der Mitspieler zu berücksichtigen, zu beachten, was sie brauchen und was nicht.

Besonders interessant finde ich den Glaser. Will man Steine nehmen und einsetzen, darf man sie ja nur auf einen Streifen mit passenden freien Feldern platzieren, unter dem sich die Figur des Glasers befindet. Vor dem Zug darf man den Glaser noch bewegen, aber nur auf einen Streifen, der rechts von seiner aktuellen Position liegt. Logischerweise wird man irgendwann einmal keine passenden Steine vorfinden, wodurch man gezwungen ist, die alternative Aktion zu wählen: Den Glaser zum linken Streifen zurückziehen.

Diese Aktion darf man aber jederzeit auch freiwillig wählen, außer der Glaser befindet sich bereits auf dem äußerst linken Streifen. Dies kann manchmal taktisch sinnvoll sein, um für den nächsten Zug wieder mehr Auswahl vorzufinden. Und oft hilft dies als “Verzögerungstaktik“, wenn man nur mehr eine schlechte Auswahl an Steinen vorfindet, welche viele Minuspunkte einbrächte. Damit lässt man dann den nachfolgenden Spieler in den sauren Apfel beißen. Auf jeden Fall bringt der Glaser weitere Aspekte ins Spiel.

Noch etwas unterscheidet die beiden Spiele. “Azul – Die Buntglasfenster von Sintra” bietet mehr Möglichkeiten zu punkten, ist dafür aber auch um eine Spur komplexer. Besticht das königlich-portugiesische Fliesenlegen durch seine Geradlinigkeit und seine Schnörkellosigkeit, sind beim Glasfenster-Verzieren nun doch mehrere Sachen zu beachten. Neben den Punkten für die Fertigstellung einer Leiste (zwischen 1 und 4 Punkte) kann man noch Zusatzpunkte für fertiggestellte Fenster rechts von der aktuellen Leiste, sowie Bonuspunkte für farblich mit dem Rundenanzeiger übereinstimmende Steine erzielen. Und bei der Schlusswertung kann man noch weitere Bonuspunkte erhalten.

In der Praxis ergibt dies zwei grundsätzliche Strategien: Entweder man arbeitet die Streifen schön langsam und von links nach rechts ab, was durchaus Sinn macht, bringen die ersten Streifen doch mehr Punkte, außerdem verliert man weniger Züge durch das Rückversetzen des Glasers. Oder aber man konzentriert sich anfangs auf die rechten Streifen, um später die wertvollen Zusatzpunkte einheimsen zu können, allerdings mit dem Nachteil, mehrere Leerzüge in Kauf nehmen zu müssen.

Welche Aktion man aber zu welchem Zeitpunkt durchführt, hängt viel von den Mitspielern ab, von deren Optionen und Möglichkeiten. Ich bin mir selbst nach mehreren Partien noch nicht sicher, wie groß der eigene Einfluss auf den Spielablauf tatsächlich ist, und wie viel sich einfach so ergibt. Jedenfalls ist ein gewisses Maß an Flexibilität sicher kein Nachteil.

Auch in dieser Version ist “Azul” kein Spiel für Strategen und Spielexperten, auch wenn diese dennoch dran Gefallen finden können. Die Zielgruppe ist eindeutig der Gelegenheitsspieler. Bleibt nur mehr eine Frage offen: Braucht man “Azul – Die Buntglasfenster von Sintra”, wenn man bereits “Azul” sein eigen nennt? Die Antwort ist ein klares “Jein!”. Es bietet zwar mehr Abwechslung, vermittelt aber doch ein sehr, sehr ähnliches Spielgefühl.

Wertung:

Von Franky Bayer

Rezension Fuji

Einen aktiven Vulkan erforschen, schön und gut. Sicher interessant und wahrscheinlich auch wichtig. Hat halt leider nur einen kleinen Haken. Stichwort: Eruption. Wenn dann ein Expeditionsteam schon relativ nahe am Krater ist, und die Erde plötzlich zu beben, der Vulkan zu spucken anfängt, heißt es: Beine in die Hand und schleunigst Reißaus nehmen. So wie hier am japanischen Fuji. Wir – eine Gruppe von Abenteurern – müssen nun so schnell wie möglich vor den tödlichen Lavaströmen zurück ins rettende Dorf flüchten.

Wer jetzt einen Spielplan mit dem Vulkan und seiner näheren Umgebung, sowie einem oder mehreren Pfaden dorthin erwartet, liegt falsch. Die Landschaft wird für jede Partie aus Karten neu aufgebaut. Eine Szenariokarte gibt an wo die Vulkankarte, die beiden anschließenden Geröllkarten, die gut gemischten Landschaftskarten und die Dorfkarten platziert werden.

Jeder Spieler erhält zu Beginn ein Fähigkeitskarte, welche angibt, mit wie vielen Würfeln und (zufällig gezogenen) Ausrüstungsgegenständen jeder Spieler beginnt, und welche Sonderfähigkeit er nutzen kann. Außerdem stellt jeder Spieler seine Spielfigur in die unmittelbare Nähe des Fuji, bis zum Ziel sind dann – Umwege nicht mitgerechnet – zwischen 8 und 10 Felder zu überwinden.

Bei der Kürze der Distanz verwundert es nicht, dass die Würfel nicht direkt zur Ermittlung der Zugweite dienen. Die erzielten Würfelergebnisse bestimmen jedoch, ob man das vorher gewählte Zielfeld erreicht oder stattdessen stehen bleiben muss. Das zentrale Spielprinzip: Um ein Zielfeld betreten zu dürfen, muss ein Spieler die Vorgabe auf diesem Feld besser erfüllen als seine beiden Sitznachbarn.

Der Spielablauf  im Detail: Zuerst würfeln alle Spieler verdeckt hinter ihrem Sichtschirm. Anschließend diskutieren sie, wohin sie sich bewegen möchten, wobei aber keine genauen Angaben über den eigenen Würfelwurf gemacht werden dürfen. Danach dürfen die Spieler eventuell – abhängig von der gewählten Entfernung – beliebig viele Würfel neu werfen.

Nach dem Aufdecken der Sichtschirme werden – ein Spieler nach dem anderen – die Ergebnisse verglichen. Nur wenn man beide Nachbarn übertrifft, darf man seine Figur tatsächlich bewegen. Abhängig vom Ergebnis wird schließlich noch die Ausdauer angepasst, das heißt dass bei gar keiner oder zu wenig Differenz der Marker auf der Ausdauerleiste entsprechend des Schwierigkeitsgrades vorwärts gezogen wird, was unter Umständen zu einem Wundenplättchen führen kann. Zum Abschluss einer Spielrunde kommt es zu einem Vulkanausbruch, wodurch sich die Lava immer mehr ausbreitet.

Erreichen alle Spieler das rettende Dorf, haben sie als Team gewonnen. Wenn aber auch nur ein einziger Spieler stirbt, weil er entweder von der heißen Lava eingeholt wurde oder weil er vor Erschöpfung zusammenbricht (sein Marker erreicht das letzte Feld der Ausdauerleiste), verlieren alle Spieler gemeinsam.

Dieser originelle Würfelmechanismus ist das Um und Auf des Spiels. Es reicht nämlich nicht aus, ein für das eigene Ergebnis passendes Zielfeld zu finden. Das Würfelergebnis wirkt sich ja auch auf die Wahl der beiden Sitznachbarn aus. Jeder Spieler muss somit gleich drei Möglichkeiten in Betracht ziehen, um einerseits selbst ziehen zu dürfen und andererseits die Bewegung der Mitspieler nicht zu gefährden.

Es kommt daher darauf an, sich abzustimmen, sich abzusprechen, die Aktionen zu koordinieren. Die dafür notwendige Kommunikation ist allerdings etwas eingeschränkt. Man darf zwar darauf hinweisen, dass jenes vom rechten Nachbarn geplante Zielfeld “gefährlich” ist, weil das eigene Würfelergebnis dafür zu hoch ausgefallen ist, die Mitteilung von erwürfelten Farben, Werten oder gar genauen Würfelergebnissen ist nicht zulässig. Bis die Situation ausreichend ausdiskutiert wurde und sich jeder Spieler auf ein zufriedenstellendes Zielfeld festgelegt hat, kann es daher ein wenig dauern.

Auch der Einsatz von Ausrüstung will gut geplant, geschickt getimt sein, da sie nach einmaligem Gebrauch abgeworfen werden müssen. Jeder Spieler startet mit 1 oder 2 Ausrüstungsgegenständen. Weitere Gegenstände sind auf bestimmten Landschaftsfeldern erhältlich, meist etwas abseits der kürzesten Route. Je nach Ausrüstung kann man beliebige leere Landschaftsfelder miteinander vertauschen (Fernglas), einen Würfel auf eine beliebige Seite drehen (Schaufel), am Ende der Runde keine Ausdauer verlieren (Verbandskasten), u. ä. Die Ausrüstungsgegenstände liegen zwar alle offen vor den Spielern aus, ob und wann sie verwendet werden müssten, ist trotzdem aufgrund der verdeckten Würfelergebnisse zumeist Spekulation.

Jeder Spieler verfügt ja – wie bereits erwähnt – über eine spezielle Fähigkeit. So kann beispielsweise der “Tüftler” jeden seiner Ausrüstungsgegenstände 2 x einsetzen, der “Überlebenskünstler” hat stets einen weiteren Neuwurf, und der “Kundschafter” darf sich sogar bis zu 4 Felder bewegen. Auch diese Sonderfähigkeiten sollten möglichst in alle Überlegungen mit einbezogen werden.

Natürlich ist es wichtig, sich immer mehr dem rettenden Dorf zu nähern. Die Differenz der Bewegungswerte sollte dabei aber möglichst hoch sein, um wenig Ausdauer zu verlieren. Bei bestimmten Feldern der Ausdauerleiste erhält man nämlich ein Wundenplättchen. Jedes Mal, wenn man eine Wunde erleidet, muss man sich entscheiden, welches Wundenfeld der eigenen Fähigkeitskarte man abdecken soll, was entweder den Verlust eines Würfels oder einer bestimmten Aktion (Neuwurf, Verwendung von Ausrüstung, Spezialfähigkeit) zur Folge hat.

Die Spielerzahl ist zwar mit 2 bis 4 Personen angegeben, zu zweit finde ich “Fuji” selbst mit den beiden empfohlenen Varianten – nicht so reizvoll. Zu viert ist es meiner Meinung nach einfacher als zu dritt, da die beiden jeweils gegenübersitzenden Spieler dasselbe Zielfeld wählen können, was es den Mitspielern leichter macht, sich darauf einzustellen. Zu dritt ist es ganz schön knackig, weil es alle Bedingungen der gewählten Zielfelder zu beachten gilt.

Wie bei vielen Koop-Spielen lässt sich auch hier vorab der Schwierigkeitsgrad frei wählen. Dies geschieht mittels vier Schwierigkeitskarten, welche je nach gewähltem Level die Differenz der Bewegungswerte mit mehr oder weniger Verlust an Ausdauer bestrafen. Am Ende des Spiels könnte man noch anhand einer Tabelle ermitteln, wie gut sich das Team insgesamt geschlagen hat, was ich persönlich aber für unnötig und eher spaßvermindernd halte.

Das Herz des Spiels bleibt auf jeden Fall der raffinierte Würfel-Bewegungsmechanismus, der Anfängern nicht so leicht zu vermitteln ist. Es braucht eine Zeit, bis man versteht, auf was alles geachtet werden muss, und wie man sich darauf einstellt. Auch ich hatte in meiner allerersten Partie dieses Problem, war hauptverantwortlich an unserem Scheitern, weil ich – nachdem ich als Erster das Dorf erreicht hatte, zu wenig auf die Probleme und Nöte meiner Mitspieler geachtet habe.

In anderen Medien las ich den Vorschlag, man könne doch gleich ohne Sichtschirme spielen und alle Informationen offen lassen. Dies kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Für mich liegt gerade in dem trotz bestmöglicher Kommunikationsversuche bestehenden Unsicherheitsfaktor der besondere Reiz des Spiels. “Fuji” ist – summa summarum – wieder eine wunderbare Spielidee von Newcomer Wolfgang Warsch, die von Feuerland Spiele auch optisch sehr gut umgesetzt wurde.

Wertung:

Von Franky Bayer

Rezension Natives

Als Kinder haben wir oft “Cowboy & Indianer” gespielt. Unser Bild damals von den “Rothäuten” war doch ziemlich klischeehaft, geprägt von zahlreichen alten Western im Fernsehen, welche die Ureinwohner Amerikas in einem sehr einseitigen Licht präsentierten. Mittlerweile hat sich meine Sichtweise der Indianer – durch kompetente Fachliteratur und nicht zuletzt einem Besuch im Midwest der USA – stark gewandelt.

Das Spiel “Natives” befindet sich thematisch irgendwo zwischen romantischer Verklärtheit und der historischen Realität, bevor der “weiße Mann” auftauchte. Als Stammesführer versuchen wir, unseren Stamm auf die bevorstehende kalte Jahreszeit vorzubereiten, indem wir neue Stammesmitglieder anwerben und Nahrungsvorräte in Form von Mais, Lachs und Bison anlegen.

Unser Stamm besteht – wie jene der anderen Häuptlinge – anfangs aus gerade mal 7 Stammesmitgliedern: Neben einem Kundschafter gibt es noch einen Ältesten, einen Schamanen, einen Krieger, einen Farmer, einen Fischer und einen Jäger. Wir legen diese 7 Karten in einer Reihe vor uns aus. Die restlichen Karten werden gemischt, und die Karte “Winter” kommt als eine der untersten in den so gebildeten “Präriestapel“. Von diesem werden anschließend noch 5 Karten gezogen und offen in die Mitte (= die “Prärie”) ausgelegt.

Wenn wir an der Reihe sind, führen wir folgende drei Schritte aus:

1. Nachschub: Wir decken 1 Karte vom Stapel auf und legen diese in die Prärie.

2. Kundschafter-Aktion: Wenn wir wollen, können wir noch zusätzliche Karten                  einzeln aufdecken, und zwar höchstens so viele, wie wir Kundschafter haben.

3. Stammeskarte aktivieren und zugehörige Aktion ausführen: Wir wählen eine

    unserer Stammeskarten und dürfen maximal so viele Karten aus der Prärie

    nehmen und bei uns anlegen, wie wir entsprechende Stammesmitglieder haben.

Mit den Stammeskarten lassen sich folgende Aktionen durchführen:

Der Älteste wirbt neue Stammesmitglieder an, indem Stammesmitglieder-Karten aus der Prärie unterhalb von Stammesmitgliedern angelegt werden, um die entsprechende Aktion zu verbessern. Schamanen dürfen Totems nutzen, welche oberhalb der Stammeskarte “Schamane” abgelegt werden und bei Spielende Extrapunkte (beispielsweise für Bisons) bringen können.

Krieger wiederum können Stammesmitglieder aus der Prärie gefangen nehmen, welche oberhalb des “Kriegers” abgelegt werden. Jeder Gefangene zählt am Schluss 1 Punkt. Auch die Stammeskarten Farmer, Fischer und Jäger funktionieren auf die gleiche Weise, also zum Nehmen und Anlegen der Nahrungskarten “Mais”, “Lachs” bzw. “Bison”, um damit bei Spielende wertvolle Punkte zu erhalten.

Das Spielende naht, sobald die “Winter”-Karten auftaucht. Die Runde wird noch zu Ende gespielt, danach ermitteln wir unsere Siegpunkte. Zu den Punkten der Stammesmitglieder unserer Farbe – egal ob bei uns oder bei anderen Stämmen “beschäftigt” – kommen noch die Punkte für unsere gesammelte Nahrung, unsere Gefangenen, sowie für unsere Totems. Minuspunkte gibt’s hingegen für fremde Stammesmitglieder in unserem Stamm. Konnten wir insgesamt die meisten Punkte erzielen, brauchen uns für den Winter keine Sorgen machen und haben gewonnen.

“Natives” ist ein reines Kartenspiel, weil das gesamte Spielmaterial (mit Ausnahme der Spielregeln) aus Karten besteht. Im Grundspiel sind dies total 129 Karten, die sich auf Stammeskarten – die Startauslage der Spieler – und Präriekarten aufteilen.

Mehr als die Hälfte der Präriekarten besteht aus Stammesmitgliedern. Die einfarbigen Stammesmitglieder (je 7 in den vier Spielerfarben) haben den Wert 2, die zweifärbigen (4 x jede mögliche Kombination aus vier Farben) bloß den Wert 1.

Stammesmitglieder der eigenen Farbe nutzt man am besten, um seinen Stamm zu vergrößern, womit man in Folge bessere Aktionen durchführen kann, also beispielsweise mehr Mais zu ernten oder mehr Lachse zu fischen. Stammesmitglieder fremder Farben würden hingegen Minuspunkte bringen (und gleichzeitig den betroffenen Mitspielern helfen), weshalb man sie lieber als Gefangene nimmt.

Die anderen Präriekarten – Nahrungskarten und Totems – können hingegen wesentlich mehr Siegpunkte bringen. Nahrungskarten liefern einen fixen Punktewert. So ist am Ende jeder Mais 2 Punkte wert, jeder Lachs 3 Punkte, und jeder Bison zählt 4 Punkte. Bei den Totems wiederum hängt die Punkteausbeute von der eigenen Auslage am Spielende ab. Bei guter Planung kann so ein Totem dann locker mehr als 5 Punkte einbringen.

Im Prinzip baut man mit Stammesmitgliedern eine möglichst effektive Maschine auf, um in Folge die Aktionen zu verbessern, bzw. die Einnahmen zu erhöhen, also mehrere Karten auf einmal nehmen zu können. Aufgrund dessen wirkt das Spiel etwas trocken und ziemlich mechanisch. Das Thema erweist sich dann auch als aufgesetzt und beliebig austauschbar. Man hat halt nie das Gefühl, wirklich die Geschicke eines Indianerstamms zu führen, sondern eher die Spielzüge zu optimieren. Daran ändert auch die meiner Meinung nach gelungene grafische Gestaltung nicht viel, bei der indigene Muster verwendet werden.

Spielerisch ist “Natives” nicht allzu fordernd und richtet sich eher an Gelegenheitsspieler. Der Glücksanteil ist durch das zufällige Aufdecken der Karten doch recht hoch, sodass sich Vielspieler eher “gespielt” fühlen und stärkere Einflussmöglichkeiten vermissen. Dafür spielt es sich locker und kurzweilig, ohne allerdings banal zu werden. Es gilt, nicht nur seine eigene Auslage zu betrachten, sondern stets auch ein Auge auf die Möglichkeiten und Intentionen der Mitspieler zu haben.

Die Schachtel beinhaltet übrigens durch zusätzliche Karten noch drei Erweiterungen, die für mehr Vielfalt sorgen. Die Änderungen im Spielverlauf sind zwar nur minimal, aber alleine die längere Spieldauer bringt schon etwas mehr Taktik ins Spiel. Man kann die Erweiterungen entweder einzeln oder später auch in beliebiger Kombination einsetzen, was den Wiederspielreiz deutlich erhöht. Insgesamt ein solides kartengesteuertes Aufbauspiel mit angenehmer Spieldauer, dem – vor allem im Grundspiel – aber doch das gewisse Etwas fehlt.

Wertung:

Von Franky Bayer

Für Let’s Play Interresierte gibte es auf unserer webseite auch unseren Youtubechannel zu bestaunen.
Unter folgendem Link könnt Ihr das Let’s play zu Natives euch ansehen.
https://spieleversum.at/spieleversum-youtube-channel

Rezension Hexenhaus von Lookoutgames

“Knusper knusper Knäuschen,

wer knabbert an meinem Häuschen?”

Blöde Frage. Viel zu viele Märchenfiguren werden durch den Duft der leckeren Lebkuchen, aus denen mein Haus aufgebaut ist, wie magisch angezogen. Na warte, denen wird das verbotene Naschen schon noch vergehen, so wahr ich eine Hexe bin. Ich werde die hungrigen Fabelwesen mit ihren Lieblingslebkuchen anlocken und sie dann auf ewig wegsperren!

Der Grundriss meines Lebkuchenhäuschen ist quadratisch, nämlich 3 x 3 Felder groß. Als Baumaterial dienen Doppelplättchen mit je 2 Baufeldern. Die meisten Felder zeigen einen von vier verschiedenen Lebkuchen: einen roten herzförmigen, einen gelben runden, einen blauen viereckigen oder einen grünen fünfeckigen Lebkuchen. Die restlichen Felder zeigen die Symbole “Treppe”, “Tausch” oder “Käfig”, welche mir beim Bau des Hauses und/oder beim Anlocken der Märchenwesen behilflich sein können.

Insgesamt stehen mir 15 Doppelplättchen zur Verfügung, vom gemischten allgemeinen Stapel verdeckt gezogen. 3 Stück davon werden aufgedeckt, aus denen ich dann wählen darf. Zusätzlich habe ich bereits eine Treppe in meiner “Werkstatt” (rechts neben meinem Häuschen). Zum Abschluss der Vorbereitung darf ich mir schon eines der 4 Märchenfiguren aus der offenen Reihe nehmen und an meine “Pforte” (oberhalb meines Häuschens) anlegen.

Wenn ich an der Reihe bin, baue ich, indem ich eines der drei offenen Doppelplättchen auf 2 Felder meines Häuschens lege. Dabei müssen sich beide überbauten Felder in derselben Ebene befinden. Gegebenenfalls darf ich vorher eine oder mehrere Treppen auf genau eines der Felder legen. Anschließend führe ich die Effekte der gerade abgedeckten Symbole aus. Für abgedeckte Lebkuchen darf ich mir die passenden Lebkuchen-Marker aus dem Vorrat nehmen und in meine Speisekammer legen. Für jedes Tauschsymbol darf ich 1 Lebkuchen mit dem Vorrat tauschen, für jeden “Käfig” ein Märchenwesen an meine Pforte legen. Treppen wandern in meine Werkstatt.

Wenn ich jetzt über passende Lebkuchen verfüge, darf ich Märchenwesen aus der offenen Auslage und/oder vor meiner Pforte einfangen. Auf jeder Märchenfigur-Karte sind deren Lieblingslebkuchen genau angegeben, also welche und wie viele Lebkuchen gebraucht werden, um sie gefangen nehmen zu können. So kann ich etwa den Froschkönig bereits mit einem grünen und einen gelben Lebkuchen erwischen, während ich für die 7 Zwerge stolze 7 blaue Lebkuchen gesammelt haben muss. Für jede gefangene Märchenfigur erhalte ich übrigens einen Joker-Lebkuchen, den ich sofort in mein Haus einbaue (und damit den überdeckten Effekt auslöse).

Konnte ich durch das Bauen ein komplettes Stockwerk vollenden, darf ich mir eine der ausliegenden Belohnungskarten nehmen, welche mir am Ende zusätzliche Punkte einbringen. Nach 15 Runden ist mein Knusperhäuschen fertiggestellt. Nun erhalte ich die Siegpunkte für alle von mir eingefangenen Märchenwesen (je nach Anzahl der dafür erforderlichen Lebkuchen zwischen 2 und 10 Punkten), für meine Belohnungskarten, sowie für verbliebene Lebkuchen (1 Punkte für je 2 Stück). Nur wenn ich die meisten Punkte sammeln konnte, kann ich mich als die gerissenste Hexe des ganzen Märchenwaldes bezeichnen.

Als Legespiel präsentiert sich “Hexenhaus” als etwas gewöhnungsbedürftig. Es zählen ja nicht die Symbole auf den eingesetzten Doppelplättchen. Man erhält stattdessen die überdeckten Lebkuchen bzw. Effekte. Dies verlangt nicht nur eine andere Spielroutine – zuerst die Effekte der Felder nutzen, dann erst das Plättchen drauflegen -, sondern erfordert auch sorgfältige Planung, um die Auslage für die nächsten Runden vorzubereiten.

In dieser Hinsicht gilt es, besonderen Wert auf eine – noch nicht erwähnte – Sonderregel zu legen. Überbaut man nämlich mit einem Doppelplättchen 2 gleiche Symbole, erhält man den entsprechenden Effekt nicht bloß doppelt, sogar dreifach! Dieser Umstand sollte möglichst oft in die Planung mit einbezogen werden, schließlich bedeutet hier “mehr” ganz klar auch “besser”:  Man kann sich “teurere” Märchenwesen leisten, die in der Endabrechnung mehr Punkte wert sind.

Das Puzzle-Element verdient ebenfalls Beachtung. Es lässt sich ja leicht ausrechnen, dass sich mit Doppelplättchen alleine auf einem 3 x 3 Felder großen Raster keine Stockwerke komplettieren lassen. Um dies zu bewerkstelligen, aber auch um gleiche Symbole auf verschiedenen Etagen abdecken zu können, dienen die Treppen. Diese sind so beschaffen, dass man noch das darunterliegende Symbol erkennen kann. Zudem können Treppen, aber auch Jokerplättchen hilfreich sein, um Stockwerke schneller fertigzustellen, um früher an die lukrativeren Belohnungen zu gelangen.

Apropos Belohnungen: Im Einsteigerspiel zählen bloß die auf der Rückseite aufgedruckten Punkte (zwischen 1 und 8 Punkte), wobei die höheren Punkte klarerweise von jenen Spielern geschnappt werden, die früher Stockwerke vollenden konnten. Im Standardspiel hingegen werden die Vorderseiten der Karten herangezogen, die keinen fixen Punktewert zeigen. Die Anzahl der Siegpunkte ergibt sich aus dem Kartentext. So erhält man beispielsweise Sonderpunkte für jedes “frohgemute” (mit einem freundlichen Lebkuchengesicht markierte) Märchenwesen, für solche mit bestimmten Lebkuchensorten, oder etwa wenn man eine bestimmte Anzahl an Stockwerken vollenden konnte. Dies alles verlangt bereits ein etwas differenzierteres, durchdachteres Vorgehen.

Die Interaktion ist bei “Hexenhaus” nicht sehr hoch, sie beschränkt sich auf das Wegschnappen von Märchenwesen und vor allem von punkteträchtigen Belohnungskarten. Dafür ist aber auch der Glücksanteil relativ gering. Trotzdem kann sich die zufällige Verteilung der Doppelplättchen negativ auswirken. Hat man zum Beispiel keine Treppen unter seinen Plättchen, muss man sich zum Vollenden von Stockwerken auf Jokerplättchen beschränken oder notfalls auf einen alternativen Verlegenheitszug zurückgreifen: Für das Abwerfen eines Doppelplättchens erhält man 2 Treppen.

Insgesamt ist “Hexenhaus” ein gelungenes Spiel, das durch einen einfachen, aber im Detail doch recht raffinierten Spielmechanismus besticht. Phil Walker-Harding hat einmal mehr bewiesen, dass er ein Meister des abwechslungsreichen, gehobenen Familienspiels ist. Mir gefällt zudem die tolle Grafik, welche Funktionalität (leicht erkennbare und gut unterscheidbare Symbole) mit schönen, einfach märchenhaften Illustrationen vereint. Kein Wunder, dass das Spiel sowohl im Spieleklub als auch in meinem Familienkreis immer wieder ausgepackt wird.

Wertung:

von Franky Bayer

Rezension Just One

“Oh bitte gib mir nur ein Wort

Bitte gib mir nur ein Oh

Bitte gib mir nur ein

Bitte bitte gib mir nur ein Wort”

Dieses Lied von “Wir sind Helden” kommt mir bei diesem Spiel in den Sinn. Schließlich ist es unsere Aufgabe, mit nur einem einzigen Wort dem Rater einen Hinweis auf den zu erratenden Begriff zu geben.

Für die Hinweisgeber trifft der Spieletitel auf jeden Fall 100%-ig zu, denn sie dürfen tatsächlich bloß ein einziges Wort auf ihre Tafel schreiben. Das gewählte Wort sollte einen möglichst guten Hinweis auf den gefragten Begriff geben.

Dem Rater stehen dann von allen Mitspielern im Normalfall mehrere Wörter zur Verfügung, die auf die Lösung hindeuten. Errät er den richtigen Begriff, wird die Karte offen ausgelegt und zählt als 1 Pluspunkt. Bei einem Misserfolg kommt die Karte sowie die nächste Karte des Ratestapels aus dem Spiel. Der Rater hat auch die Möglichkeit auszusetzen und auf das Raten zu verzichten, wofür nur die Karte selbst aus dem Spiel entfernt wird.

Danach wird der nächste Spieler im Uhrzeigersinn zum “aktiven Spieler”, der zu Raten dran ist. Sobald der anfangs abgezählte Stapel von 13 Karten aufgebraucht ist, endet das Spiel. Wie gut sich die Spielrunde geschlagen hat, wird durch die Anzahl der erratenen Karten bestimmt. Eine Tabelle verrät das Spielergebnis, so bedeuten beispielsweise 7 – 8 Karten Durchschnitt, bei 9 – 10 Karten lautet das Urteil: “Wo, gar nicht mal so schlecht!”

Der werte Leser wird sich ob der oben beschriebenen Vorgehensweise nun zu Recht fragen, wo für den Rater die Schwierigkeit liegen soll. Dies liegt daran, dass ich den eigentlichen Clou des Spiels noch nicht verraten habe: Haben mehrere Spieler nämlich denselben Hinweis aufgeschrieben, sind diese ungültig und dürfen dem Rater nicht gezeigt werden. Es versteht sich von selbst, dass vorherige Absprachen und jedwede Kommunikation unter den Spielern verboten sind.

Genau dieser Kniff verlangt von den Spielern, ihre Hinweise genau zu überdenken. Was nützt ein hilfreiches Wort, wenn es dann durch Mehrfachnennung ungültig wird? Nehmen wir beispielsweise den Begriff “Dracula”. Passend wären Vampir, Transsilvanien, Knoblauch, Untoter, Blutsauger, Fledermaus. Wenn dann aber einige Wörter wegfallen, könnte es schwierig werden. So könnte “Knoblauch” alleine auf vieles hinweisen. Und selbst wenn die beiden Begriffe “Fledermaus” und “Transsilvanien” übrig bleiben, wäre mit “Vampir” ein falscher Rateversuch sehr wahrscheinlich.

Es gilt also, abseits des Offensichtlichen originelle Ansätze zu finden. Allzu weit sollte man sich aber auch nicht vom Thema entfernen, es könnte den Rater verwirren und ihn auf eine völlig falsche Fährte locken. Wenn dann kein einziger Spieler einen halbwegs normalen Hinweis gibt, wird’s für den Rater vielleicht sogar unmöglich.

Noch etwas ist mir in unseren Partien aufgefallen. Nicht nur die Wörter sind wichtig, sondern auch von wem die entsprechenden Hinweise stammen. Der unterschiedliche Wissensstand der Mitspieler – vor allem wenn Kinder mitmachen -, sowie die unterschiedlichen Vorstellungen und Sichtweisen sollten unbedingt berücksichtigt werden. In dem kleinen Spiel mit den so simplen Spielregeln steckt wesentlich mehr als es den Anschein hat.

“Just One” spielt sich meiner Erfahrung nach in jeder Spielerzahl gut. Sogar in der Minimalbesetzung zu dritt funktioniert es, weil jeder Hinweisgeber 2 Wörter aufschreiben darf. Zu viert ist es mit der Originalregel fest zu schwierig, denn eine einzige Übereinstimmung reicht, dass bloß ein Wort übrig bleibt, wodurch der Rater entweder passen muss oder ein richtiges Hasardspiel wagt. Wir haben deshalb die Hausregel eingeführt, dass der Spieler links vom Rater 2 Wörter angeben darf.

“Just One” sorgt auf jeden Fall für viel Spaß und Unterhaltung und kommt praktisch in jeder Spielrunde – von lockeren Partyrunden bis zu Hardcore-Strategen – ausgezeichnet an. Ich hoffe nur, dass es bald Nachschub an Karten gibt. Da es bei uns in letzter Zeit so oft auf den Tisch kam, wiederholen sich die Begriffe nämlich schon ab und zu…

Wertung:

Von Franky Bayer

Seite im neuen Glanz

Hallo liebe Freunde von Spieleversum!!!

Wir dürfen euch Freudigst bekanntgeben, dass die neue Webseite ihre Pforten geöffnet hat.

Wir wissen, es hat etwas gedauert und sie ist auch noch nicht ganz perfekt, ein oder zwei Seiten fehlen noch, aber deswegen wollten wir sie euch nicht weiter vorenthalten.

Wir laden euch ein, seht sie euch an und hoffentlich gefällt sie euch im neuen Glanze.

In diesem Sinne hoffen wir, dass ihr uns gewogen bleibt.

Viele verspielte Grüße

Euer Team von Spieleversum!!!

Team Vorstellung Daniel

Spieleversum Team: Daniel – (Brett)Spieleverein Linz, Oberösterreich

Vorname:  Daniel, Der Spiele Dealer

Ich spiele gerne, weil …
                                   Ich die Herausforderung liebe, weil ich mit dem Brettspielvirus mit Catan ’95
                                   angesteckt wurde, weil mir Optimierungs- und Denkaufgaben Spaß machen.

Meine Lieblingsspiele: 
                                   Terry Mystica, Viticuture, Burgen von Burgund, Teotihuacan, Hadara,

Was hast du zuletzt gespielt?
                                   Teotihuacan, Onitama, Lama, Flügelschlag

Wieviel Spiele hast du?
                                   die 500er Schallmauer durchbrochen

Warum bist du bei Spieleversum? 
                                    Weil wir außergewöhnliche Spieletage in Linz organisieren wollen

Mein erstes selbstgekauftes Spiel?
                                   Inside von Piatnik – kommt sogar immer noch manchmal auf den Tisch – gemein,
                                   böse und richtig gegeneinander 😉

Was ich sonst noch sagen möcht

Ich hab mein Hobby zum Beruf gemacht. Mir hat es nicht mehr gefallen, mein Geld online nach Deutschland zu schicken, daher hab ich meinen eigenen Laden aufgemacht. Und so kam es auch zu meinem Spitznamen:

 

Mein Motto: Ein Leben für das Spiel – als Homo Ludens geboren, als Homo Ludens gestorben