Als Kinder haben wir oft “Cowboy &
Indianer” gespielt. Unser Bild damals von den “Rothäuten” war
doch ziemlich klischeehaft, geprägt von zahlreichen alten Western im Fernsehen,
welche die Ureinwohner Amerikas in einem sehr einseitigen Licht präsentierten. Mittlerweile
hat sich meine Sichtweise der Indianer – durch kompetente Fachliteratur und
nicht zuletzt einem Besuch im Midwest der USA – stark gewandelt.
Das Spiel “Natives” befindet sich thematisch
irgendwo zwischen romantischer Verklärtheit und der historischen Realität,
bevor der “weiße Mann” auftauchte. Als Stammesführer versuchen wir,
unseren Stamm auf die bevorstehende kalte Jahreszeit vorzubereiten, indem wir
neue Stammesmitglieder anwerben und Nahrungsvorräte in Form von Mais, Lachs und
Bison anlegen.
Unser Stamm besteht – wie jene der anderen Häuptlinge
– anfangs aus gerade mal 7 Stammesmitgliedern: Neben einem Kundschafter
gibt es noch einen Ältesten, einen Schamanen, einen Krieger, einen Farmer,
einen Fischer und einen Jäger. Wir legen diese 7 Karten in einer Reihe vor uns
aus. Die restlichen Karten werden gemischt, und die Karte “Winter”
kommt als eine der untersten in den so gebildeten “Präriestapel“.
Von diesem werden anschließend noch 5 Karten gezogen und offen in die Mitte (=
die “Prärie”) ausgelegt.
Wenn wir an der Reihe sind, führen wir folgende drei
Schritte aus:
1. Nachschub: Wir decken 1 Karte vom Stapel auf und legen diese in
die Prärie.
2. Kundschafter-Aktion: Wenn wir wollen, können wir noch zusätzliche
Karten einzeln aufdecken,
und zwar höchstens so viele, wie wir Kundschafter haben.
3. Stammeskarte aktivieren und zugehörige
Aktion ausführen: Wir wählen
eine
unserer
Stammeskarten und dürfen maximal so viele Karten aus der Prärie
nehmen und
bei uns anlegen, wie wir entsprechende Stammesmitglieder haben.
Mit den Stammeskarten lassen sich folgende Aktionen
durchführen:
Der Älteste wirbt neue Stammesmitglieder an,
indem Stammesmitglieder-Karten aus der Prärie unterhalb von Stammesmitgliedern
angelegt werden, um die entsprechende Aktion zu verbessern. Schamanen dürfen
Totems nutzen, welche oberhalb der Stammeskarte “Schamane” abgelegt
werden und bei Spielende Extrapunkte (beispielsweise für Bisons) bringen
können.
Krieger wiederum können Stammesmitglieder aus der Prärie
gefangen nehmen, welche oberhalb des “Kriegers” abgelegt werden.
Jeder Gefangene zählt am Schluss 1 Punkt. Auch die Stammeskarten Farmer,
Fischer und Jäger funktionieren auf die gleiche Weise, also zum
Nehmen und Anlegen der Nahrungskarten “Mais”, “Lachs” bzw.
“Bison”, um damit bei Spielende wertvolle Punkte zu erhalten.
Das Spielende naht, sobald die
“Winter”-Karten auftaucht. Die Runde wird noch zu Ende gespielt,
danach ermitteln wir unsere Siegpunkte. Zu den Punkten der
Stammesmitglieder unserer Farbe – egal ob bei uns oder bei anderen Stämmen
“beschäftigt” – kommen noch die Punkte für unsere gesammelte Nahrung,
unsere Gefangenen, sowie für unsere Totems. Minuspunkte gibt’s hingegen für
fremde Stammesmitglieder in unserem Stamm. Konnten wir insgesamt die meisten
Punkte erzielen, brauchen uns für den Winter keine Sorgen machen und haben
gewonnen.
“Natives” ist ein reines Kartenspiel,
weil das gesamte Spielmaterial (mit Ausnahme der Spielregeln) aus Karten
besteht. Im Grundspiel sind dies total 129 Karten, die sich auf Stammeskarten –
die Startauslage der Spieler – und Präriekarten aufteilen.
Mehr als die Hälfte der Präriekarten besteht aus Stammesmitgliedern.
Die einfarbigen Stammesmitglieder (je 7 in den vier Spielerfarben) haben den
Wert 2, die zweifärbigen (4 x jede mögliche Kombination aus vier Farben) bloß
den Wert 1.
Stammesmitglieder der eigenen Farbe nutzt man am
besten, um seinen Stamm zu vergrößern, womit man in Folge bessere
Aktionen durchführen kann, also beispielsweise mehr Mais zu ernten oder mehr
Lachse zu fischen. Stammesmitglieder fremder Farben würden hingegen Minuspunkte
bringen (und gleichzeitig den betroffenen Mitspielern helfen), weshalb man sie
lieber als Gefangene nimmt.
Die anderen Präriekarten – Nahrungskarten und Totems –
können hingegen wesentlich mehr Siegpunkte bringen. Nahrungskarten liefern
einen fixen Punktewert. So ist am Ende jeder Mais 2 Punkte wert, jeder Lachs 3
Punkte, und jeder Bison zählt 4 Punkte. Bei den Totems wiederum hängt
die Punkteausbeute von der eigenen Auslage am Spielende ab. Bei guter Planung
kann so ein Totem dann locker mehr als 5 Punkte einbringen.
Im Prinzip baut man mit Stammesmitgliedern eine möglichst
effektive Maschine auf, um in Folge die Aktionen zu verbessern, bzw. die
Einnahmen zu erhöhen, also mehrere Karten auf einmal nehmen zu können. Aufgrund
dessen wirkt das Spiel etwas trocken und ziemlich mechanisch. Das Thema erweist
sich dann auch als aufgesetzt und beliebig austauschbar. Man hat halt nie das
Gefühl, wirklich die Geschicke eines Indianerstamms zu führen, sondern eher die
Spielzüge zu optimieren. Daran ändert auch die meiner Meinung nach gelungene
grafische Gestaltung nicht viel, bei der indigene Muster verwendet werden.
Spielerisch ist “Natives” nicht allzu
fordernd und richtet sich eher an Gelegenheitsspieler. Der Glücksanteil
ist durch das zufällige Aufdecken der Karten doch recht hoch, sodass sich
Vielspieler eher “gespielt” fühlen und stärkere Einflussmöglichkeiten
vermissen. Dafür spielt es sich locker und kurzweilig, ohne allerdings banal zu
werden. Es gilt, nicht nur seine eigene Auslage zu betrachten, sondern stets
auch ein Auge auf die Möglichkeiten und Intentionen der Mitspieler zu haben.
Die Schachtel beinhaltet übrigens durch zusätzliche Karten noch drei Erweiterungen, die für mehr Vielfalt sorgen. Die Änderungen im Spielverlauf sind zwar nur minimal, aber alleine die längere Spieldauer bringt schon etwas mehr Taktik ins Spiel. Man kann die Erweiterungen entweder einzeln oder später auch in beliebiger Kombination einsetzen, was den Wiederspielreiz deutlich erhöht. Insgesamt ein solides kartengesteuertes Aufbauspiel mit angenehmer Spieldauer, dem – vor allem im Grundspiel – aber doch das gewisse Etwas fehlt.
Wertung: 
Von Franky Bayer
Für Let’s Play Interresierte gibte es auf unserer webseite auch unseren Youtubechannel zu bestaunen.
Unter folgendem Link könnt Ihr das Let’s play zu Natives euch ansehen.
https://spieleversum.at/spieleversum-youtube-channel